(NM) Noch vor zehn oder mehr Jahren, als die alte Welt noch die alten Welt, und die neue Welt die neue Welt war, hatte es der versierte Frucht-Konzentrat-Trinker ausgesprochen leicht. Die molligen, kräftigen und warmen Rotweine kamen alle samt aus Australien, Neuseeland, Chile oder Kalifornien. Kurz auf das Herkunftsland geschaut und selbstsicher wurde die Flasche „Shiraz“, „Malbec“ oder „Cabernet Sauvignon“ aus dem Regal gegriffen. Mit den erworbenen 15,8% Alkohol (abgerundet auf 14,5%) konnte die Fruchtbombe ohne Angst vor zu viel Säure oder austrocknendem Tannin zünden.
Zwischen den Welten
Spätestens in 2015 sieht die neue Welt/alte Welt Nummer schon ganz anders aus. Auf einmal steht anstelle von Shiraz „Syrah“ auf dem Label und deklariert einen neuen Welt-Wein mit alten Welt Attitüden. Jetzt muss der Frucht-Konzentrat-Trinker schon zwei Mal hinschauen, um nicht zufällig mit Säure, Frische und moderatem Holzeinsatz überrascht zu werden. Ich persönlich sehe aber genau in dieser entstehenden Schnittmenge der beiden – salopp gesagt – Wein Stile ein neues, großes und unglaublich spannendes Weinentdeckungsfeld mit vielen Unbekannten und Überraschungen. Sicher wird jetzt der ein oder andere Winzer mit Gamay aus Lodi oder Cabernet Franc aus dem Barossa Weinbautechnisch ins Klo greifen, aber sind es vielmehr die geänderten An- und Ausbaumethoden (frühere Lese, weniger neues Holz, wilde Hefen) die einen einst molligen Shiraz zum würzigen und animierenden Syrah werden lassen, ohne aber auf die reife „neue Welt Frucht“ verzichten zu müssen. Und wie es der Zufall so will, darf ich euch heute zwei solcher „zwischen den Welten“ Vertreter vorstellen. Weiterlesen