„Nun rühmte die Gesellschaft einen in ihrer Gegend wachsenden Wein, den ‚Monzinger‘ genannt. Er soll sich leicht und angenehm wegtrinken, aber doch, ehe man sich versieht, zu Kopfe steigen. Er war zu schön empfohlen, als dass wir nicht gewünscht hätten, ihn zu kosten und uns an ihm zu prüfen.“
J. W. Goethe
(CLD) Goethes Wort in unseren Mund: DrunkenMonday widmet sich mit dem gerade 7,7 Hektar großen Monzinger Halenberg der Filet-Lage der Riesling-Hochburg Nahe, die sich die Ausnahme-Weingüter Emrich Schönleber und Schäfer-Fröhlich teilen. Das Riesling Große Gewächs Monzinger Halenberg von beiden VDP-Winzern ist jedes Jahr einer der begehrtesten Weine Deutschlands. Wir sind in der glücklichen Lage, fünf aufeinander folgende Jahrgänge als historische Doppelvertikale zelebrieren zu können. Unsere Frage lautet: Kann Tim Fröhlich, DER Aufsteiger der Nahe, dem Altmeister Werner Schönleber den Schneid abkaufen?
Die Regeln:
In der rechten Ecke als Herausforderer der sympathische Aufsteiger aus Bockenau, in der linken Ringecke das Mastermind aus Monzingen. 8 Ringrichter aus dem DM-Team bewerten „halbblind“ die zehn Weine: Jeweils der gleiche Jahrgang von jung nach alt, beide Winzer im Glas (also eigentlich in zwei Gläsern), es ist nicht bekannt, welcher Wein von welchem Winzer ist. Punkteverteilung analog zum Boxen.
1. Runde: 2008
Emrich-Schönleber GG Halenberg 2008
Passionsfrucht, würzig, warmer Stein, leicht seifig, Apfelkruste, Quitte; straight, aber schmelzig, hat „innere Säure“ – ein präziser Wein, aber noch zu verschlossen 89+
Schäfer-Fröhlich GG Halenberg 2008
Heu, Kräuter, leicht erdbeerig, Kräuterwiese bei Regen, Lavendel, grüner Apfel; reife Frucht, Feige, mehr Säure, mehr Süße, länger im Abgang – zugänglicher und leichter zu verstehen 90
Knappe Runde für Schäfer-Fröhlich: Er hat einfach von allem mehr, der Emrich wird sich aber noch entwickeln. Guter Start mit noch nicht ganz fertigen Jahrgangs-Kontrahenten.
–> Emrich-Schönleber 9 – 10 Schäfer-Fröhlich
2. Runde: 2007
Emrich-Schönleber GG Halenberg 2007
Kalkige Nase, ganz leicht Petrol, sehr schön mineralisch, gelbfruchtig mit Akzent auf Weinbergpfirsich; Kokos(-Schmelz), leicht salzig, ganz zaghafte laktische Anklänge, feines Finale 92
Schäfer-Fröhlich GG Halenberg 2007
Exotisch, cremig, Ananas, Birne, Crème Brulée, opulent; recht süß und extraktreich, trotzdem hat die Nase einen fetteren Wein erwarten lassen, perfekte Säure, langer Abgang, aber zu klebrig 90
Der Emrich-Schönleber lässt sich bitten, ist gegenüber dem sich anbiedernden Schäfer-Fröhlich Exotik-Früchtchen aber feiner. Beide Weine sind noch nicht 100% zusammen, aber schon lecker.
–> Emrich-Schönleber 10 – 9 Schäfer-Fröhlich
3. Runde: 2006
Schäfer-Fröhlich GG Halenberg 2006
Leicht süß, Maikraut, Fruchtexplosion, ein gut geschnürrtes Package; tierischer Extrakt, Röstaromen, Popcorn, nussig, filigrane Fruchtopulenz 92
Emrich-Schönleber GG Halenberg 2006
Der Gewinner des Deutschen Rieslingpreises (Feinschmecker) hat leider Kork, ärgerlich! Dennoch lässt sein tolles Extrakt auf einen großen Wein schließen…
Wäre wohl ein schönes Duell geworden, wenn uns nicht die Korkindustrie einen Strich durch Rechnung gemacht hätte – Schäfer-Fröhlich jedenfalls kraftvoll, ohne prollig zu wirken: im Stile eines Jaguar E-Types.
–> technisches Unentschieden
4. Runde: 2005
Emrich-Schönleber GG Halenberg 2005
Safran, erinnert fast an edelsüße Weine, Honig, Aprikose, balsamisch; wieder diese mineralische Salzigkeit, sehr cremig ohne süß zu sein, Orangenhonig, Röstaromen, ungeheuer langer Abgang 94
Schäfer-Fröhlich GG Halenberg 2005
Hintergründiger, Veilchen, säurearme Orange, Aprikose, etwas Schweiß; rauchig, leichte Röstaromatik wie gebräunte Butter, feiner Bitterton, schlanker als der Platzhirsch, langes Finale 93
Das ist großes Boxen, beide Weine in Höchstform! Der nicht enden wollende Nachhall des Emrich-Schönleber gibt den Ausschlag.
–> Emrich-Schönleber 10 – 9 Schäfer-Fröhlich
5. Runde: 2004
Emrich-Schönleber GG Halenberg 2004
Nasenerlebnis (ein ‚Wow!‘ Geht durch die Runde), Waffeln, Karamell, feine Fruchtnote, rauchig, schwer zu fassen, aber ungeheuer gut; cremig, doch schlanker als gedacht, fällt im Mund aber leicht ab, trotzdem schöne Länge 94
Schäfer-Fröhlich GG Halenberg 2004
Honig, Butter, Kekse, ein wenig Orangeat, Ananas; sehr dicht, Muschelkalk, sehr gut integrierte Säure, Schmelz wie weiße Schokolade 94
Definitiv die beste Runde, der Emrich-Schönleber geht voll auf die Zwölf! Aber auch Schäfer-Fröhlich betört uns mit seinem -ganz anderen- Meisterwerk. Zwei Spitzen-Winzer auf Augenhöhe…
–> Emrich-Schönleber 10 – 10 Schäfer-Fröhlich
Am Ende steht mit 39 -38 ein denkbar knapper Sieg für Weingut Emrich-Schönleber auf unserem Punktezettel. Schäfer-Fröhlich ist haarscharf an der Sensation vorbeigeschlittert, Freunde von mehr Restsüße werden ihm dennoch den Vorzug geben. Auffällig ist der doch recht unterschiedliche Charakter der Weine – beide Winzer gelangen über verschiedene Wege zum Ziel. Weitere Erkenntnis ist „Geduld lohnt sich“, die ungleichen Halenberger Zwillinge erstrahlen erst mit 5, 6 Jahren auf dem Buckel in vollem Glanz – uns haben beide auf einen Schlag zu Fans gemacht.
Zum Weiterlesen:
Der Schnutentunker hat gelungene Charakterisierungen von zwei unsere Kontrahenten im Archiv:
http://schnutentunker.wordpress.com/2009/08/25/groses-gelage-2/
und
http://schnutentunker.wordpress.com/2010/11/22/abkurzung-zum-halenberg/
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Hallo zusammen,
auch Elmar Schauß aus Monzingen hat Reben im Halenberg. Seine Weine kommen in der Komplexität natürlich nicht an Emrich-Schönleber und Schäfer-Fröhlich heran, sind aber sehr gut bis ausgezeichnet und kosten ein Drittel. Und auch Schauß trockene Rieslinge aus dem Halenberg brauchen 7-8 Jahre um zur vollen Trinkreife zu gelangen. Ich habe im August 2018 eine Spätlese aus dem Jahre 2009 geöffnet: Ausgezeichnet!