Weinrallye #61: Deutscher Syrah vs. reifer High-End Shiraz

Australien trifft auf Syrah Nachwuchs aus Deutschland

(NM) Da wir die letzte Weinrallye auf Grund von Reiseaktivitäten verpasst haben, spielt Drunkenmonday bei der aktuellen Weinrallye #61 wieder mit. Das Thema der Nummer 61 ist: Syrah / Shiraz – ein global Player. Noch vor 3 oder 4 Jahren wäre ich in meinen Keller gelaufen, hätte ohne groß zu überlegen einen der damals 30 – 40 verschiedene Australischen Shiraz herausgesucht und verkostet. Doch die Zeiten ändern sich. Heute sagt mir CellarTracker, ich habe noch ganze 3 Shiraz aus Australien in meinem persönlichen Lager. Genauer gesagt sind es ein 2005er „Dead Arm“ Shiraz von d’Arenberg, ein 2006er Amon-Ra Shiraz von Ben Glaetzer und ein 2006er Peter Lehmann „The 1885“ Shiraz. Alle drei werden dort auch noch einige Zeit verbringen, da ich ganz ehrlich die primärfruchtige, dichte und mollige Stilistik irgendwie leid bin. Zeit heilt ja bekanntlich einige Wunden und somit hoffe ich in 5-8 Jahren drei schöne gereifte Shiraz trinken zu können, die ihren marmeladigen Babyspeck abgelegt haben. Ich werde berichten.

Weinrallye #61 - Syrah / Shiraz - ein globaler Player

Also suchte ich weiter in meinem virtuellen Weinkeller. Bei dem Stichwort „Syrah“ vielen mir dann gleich zwei Weine sofort ins Auge. Es waren zwei deutsche Syrah. Genauer gesagt zwei Pfälzer Syrah von zwei mir sehr geschätzten Weingütern. Somit steht meine Auswahl für die heutige Weinrallye #61 fest: 2005 Rings Syrah und 2009 Neiss Syrah. Moment, ich lüge. Meine Gäste brachten zu dem kleinen Syrah Umtrunk noch etwas aus ihren Kellern mit. Somit erweitere sich das Ensemble um zwei reife, sehr hoch bewertet Shiraz aus Australien: 1999 Langmeil Barossa Shiraz „the Freedom“ und 1993 Wynns Shiraz „Michael“. Somit wurde die ursprünglich innerdeutsche Paarung zu einem Vergleich auf internationalen Top Niveau.

Wir starteten mit dem 2009 Neiss Syrah. Die Reben stehen in der Lage Kindenheimer Katzenstein, der Ertrag liegt bei 40 HL / Hektar und der Wein reift 18 Monate in Barriques. In der Nase geht es europäisch kühl zu Sache. Herzkirschen, reife Himbeere, Pfeffer, Nelke, Piment, Mandel, Vanille und etwas Eisen wurden notiert. Am Gaumen setzt sich der kühle Stil fort. Auf Grund der noch vorherrschenden Jugendlichkeit schwingt ein angenehmer herb/bitter Ton mit. Das feine Tannin und der Ausbau im Barrique sind sehr gut eingebunden und eine merkliche, aber reife Säure bringt frische und Trinkfluss. Eine sehr schöne Interpretation des kühlen und ausgewogenen Syrah. Für mich klare 90 Punkte und für 15/16€ ab Weingut eine blitzsaubere Empfehlung!

Weiter ging es mit dem 2005er Rings Syrah. Dieser Wein ist eine echte kleine Rarität. Bei meinem Besuch auf dem Weingut hatte er mich schon vor 4 Wochen in seinen Bann gezogen. Der Syrah wird nur in wirklich guten Jahren als einzelner Wein abgefüllt. Er wächst in einem Weinberg der Lage Freinsheimer „Schwarzes Kreuz“ auf sandigem Kieselboden. Bei einem Ertrag von nur 20 HL / Hektar wird viel Arbeit und Aufwand von Andi und Steffen Rings in diesen Wein gesteckt. Er reift für 22 Monate in französischer Eiche. Danach werden nur 800 Flaschen gefüllt. Die Nase ist pure Verführung: Reife Schwarze Johannesbeeren, getrocknete Oliven, Brombeeren-Blätter und eine feine Holzwürze überzeugen auf ganzer Linie. Am Gaumen ist er dicht, intensiv und immer noch jugendlich in der Entwicklung. Die Frucht ist reif und kein Stück künstlich, dazu kommen dunkle Schokoladen-Noten und eine leichte Waldboden-Laub-Aromatik. Die feine Säure hilft diesem opulenten, aber keines Falls fetten Syrah die richtige Frische mit auf den Weg zu gehen. Wir befinden uns hier auf einem Top-Niveau. Dieser Wein muss sich international nirgends verstecken. Leider gib es aber nicht viel davon. Locker 93-94 Punkte von mir.

Damit kann man sich blicken lassen: Syrah von Rings und Neiss

Mit dem 1999er Langmeil Barossa Shiraz „the Freedom“ kam ein Wein in die Runde, welcher an 170 Jahre alten Reben gewachsen ist. Die uralten Shiraz-Reben wurden 1843 von deutschen Siedlern im Barossa Valley gepflanzt und gehören zu den ältesten der Welt. Schon auf dem Papier ein Ausnahmewein. Der Eindruck setzt sich in der Nase fort. Wie eine orientalische Gewürzkiste mit Edelhölzern, reife Brombeere, Teer, Kamillenblüten strömt der Duft aus dem Glas. Mit etwas Zeit und Luft kommen Brombeerblätter, erdige/waldbodenartige Noten und etwas was an frischen Thymian erinnert hinzu. Unglaublich tief, komplex und absolut betörend. Am Gaumen ist er dicht und intensiv, ohne aber fett, breit und marmeladig zu sein. Unglaublich vielschichtig windet er sich um die Zunge. Doch die eigentliche Überraschung kommt am Schluss. Im Abgang schiebt ein frischer Säure-Kick sich durch die Aromatiken und hinterlässt ein sehr angenehmes Mundgefühl. Hier wird der Gaumen nicht durch schwere Frucht-Exzesse mattiert, hier gibt es Komplexität und Vielschichtigkeit. Von den 14% Alkohol gibt es keine Spur. Das ist für mich Australischer Shiraz in Richtung Perfektion. Ich gebe 95-96 Punkte. Schlichtweg Sensationell!

Der letzte Wein des Abends war der 1993 Wynns „Michael“ Shiraz. Die Trauben für diesen Wein stammen aus der Region Connawarra in Südaustralien. Die Region machte in den letzten Jahren auf Grund des Bordeaux nicht unähnliche Klimas mehr Schlagzeilen mit Cabernet Sauvignon, aber auch einzelne Shiraz sorgen immer wieder für Furore. Und genau einer von ihnen ist der Shiraz „Michael“ von Wynns Estate. Unsere 1993er Version zeigte eindrucksvoll, wie schön auch australische Shiraz reifen können. In der Nase gab es geröstete rote Paprika, dezenter Rumtopf (Brombeere, Lorbeer) und viel erdige, an Laub und Waldboden erinnernde Aromatiken. Am Gaumen zeigt der mittelkräftige Körper viel kühle und feine Eleganz. Auch hier gibt es keine Marmelade oder dicke Backen, sondern eher kühle Frische und würdige Reife. Ein schönes Beispiel für einen 20 Jahre alten Shiraz. Wer ihn zufällig in seinem Keller finden sollte: jetzt bitte trinken. Ich vergebe 92 Punkte für diesen fast schon feminin anmutenden Shiraz.

Und die Moral von der Geschichte? Australischer Shiraz kann sehr gut reifen und ist in keiner Weise immer die fette und seelenlose Fruchtbombe. Deutscher Syrah ist hingegen in der Welt angekommen, auch wenn die Mengen immer noch im internationalen Vergleich winzig sind. Mit Winzern wie den Brüdern Rings und Axel Neiss brauchen wir uns aber nicht zu verstecken.

2 Antworten auf „Weinrallye #61: Deutscher Syrah vs. reifer High-End Shiraz

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