Weinrallye 84: Deutscher Sekt auf der Überholspur – Jülg/Weinreich

Deutsche Sekte auf der Überholspur: Jülg & Weinreich

(NM) Als Ausrichter der Weinrallye 84 „Deutscher Sekt“ lassen wir es uns natürlich nicht nehmen, unsere Klein-Serie „Winzersekt auf der Überholspur“ unter dem Weinrallye-Motto wieder in das Rampenlicht zu rücken. In dem heutigen Beitrag stellen wir euch gleich 2 ungewöhnliche Deutsche Sekte vor. Beide Sekte stammen von Deutschen Winzern, die in der Vergangenheit nicht primär für ihre Sekte Ruhm und Ehre aus Funk und Fernsehen entgegengelobt bekommen haben: Weingut Jülg aus Schweigen in der Südpfalz und Weingut Weinreich aus Bechtheim in Rheinhessen.

Weinrallye#84 deutscher Sekt

Auf dem ersten Blick ähneln sich beide Sekte: 2012 Weinreicht Pinot Brut Nature und Jülg Blanc de Noir Réserve Extra Brut. Beide bestehen aus Spätburgunder und Schwarzriesling, beide wurden nach der Methode Champenoise (d.h. der zweiten Gärung in der Flasche) ausgebaut und beide haben für Schaumwein-Verhältnisse extrem wenig Zucker. Doch geschmacklich, stilistisch und sensorisch liegen Welten zwischen den beiden qualitativ hochwertigen Schaumweinen. Sie besetzen fast schon oppositionelle Lager. „Was denn nun?“ darf zu Recht gefragt werden. Hier nun die Auflösung.

2012 Weinreich Pinot Brut Nature

2012 Weinreich Pinot Brut Nature

Wer diesen Blog aufmerksam verfolgt wird festgestellt haben, dass Marc Weinreich mit einem seiner Getränke hier Anfang des Jahres ordentlich abgeräumt hat. Sein Schwarzriesling „Stein“ war einer unserer beiden Rotweine des Jahres 2014. Aus dem gleichen Weinberg, ja sogar von den gleichen Reben stammen die Schwarzriesling Trauben für diesen Brut Nature. Vermischt mit 40% Spätburgunder bilden sie den Grundwein des Sektes. Da es sich um den ersten „Versuch“ dieses Produktes aus dem Hause Weinreich handelt, dauerte die zweite Gärung auf der Flasche „nur“ knappe 12 Monate. Das Ergebnis ist aber durchaus beeindruckend. In der Nase kitzelt eine feine und zarte Frucht nach Ananas und Mandarine, etwas herbe Limetten und Nussschalen an der Scheidewand. Dazu gibt ein mineralisch-staliger Kern gute Frische. Die Hefe-Noten sind nur am Rande zu erahnen und überlagern hier den stilistisch erfrischen und geradlinigen Ansatz nicht im Geringsten. Am Gaumen geht es schlank, präzise, geradlinig, puristisch, fokussiert und knochentrocken zur Sache. Dazu bieten eine mineralische Frische, eine gut eingebundene Säure und nur wenig reife Frucht auf der Zunge die perfekte Plattform, um den Schäumer in großen Schlücken zur ultimativen Erfrischung verzuschlabbern. Zisch-und-weg auf sehr hohem Niveau – da kann der Frühling-Sommer-Sonne-Balkon Moment gerne kommen. Auch als Aperitif bestimmt sehr gut einzusetzen. In Punkten ausgedrückt: 89.

Jülg BdN Reserve Extra Brut

Jülg Blanc de Noir Réserve Extra Brut

Mit dem Blanc de Noir Réserve Extra Brut geht Werner Jülg den entgegengesetzten Weg wie Marc Weinreich mit seinem Pinot Brut Nature. In Zahlen: Der Grundwein (70% Spätburgunder und 30% Schwarzriesling) stammt aus dem Jahrgang 2007. Degorgiert wurde im August 2014. Summa summarum dufte dieser Sekt ganze 74 Monate in der Flasche reifen, davon mehr als 60 Monate inkl. Zucker und Hefe im zweiten Gärvorgang. Imposante Zahlen, da nur die wenigsten deutschen Sekthersteller die Zeit und Geduld haben, ihren Schäumern ein so langes Hefelager zu spendieren. Das Ergebnis ist in diesem Falle imposant. Die Nase ist leicht erdig, dunkel-fruchtig (allerlei Waldbeeren im Mix), mit einer feinen kalkige Mineralik, einem feinen Hefe Ton und deutlichen floralen, an Blüten erinnernde Noten. Am Gaumen ergibt das lange Hefelager einen dichten, vollen, cremigen und sehr weinigen Gesamteindruck. Die Rebsorten sprechen in Ihrer Fruchtausprägung hier eine deutliche Sprache. Sogar der kalkige Boden schafft es durch dieses luxuriös cremige Perlage seine Herkunft zu zeigen. Auch die Säure kommt nicht zu kurz und versprüht im richtigen Ausmaß Lebendigkeit und Trinkfluss. Dieses Konzept macht nicht nur als Essensbegleiter durchaus Sinn, sondern kommt in seiner Gesamtheit absolut qualitativ hochwertig herüber. Einen Vergleich mit Champagner würde ich hier nicht ziehen wollen, da wir es mit einem eigenständigen Produkt zu tun haben. Von mir in diesem Kontext klare 90 Punkte.

Bezugsquellen: Der 2012 Weinreich Pinot Brut Nature ist für 18€ ab Weingut zu erwerben. Bei der Gelegenheit sichert man sich noch eine der letzten Flaschen des 2012er Schwarzriesling „Stein“. Jülg’s Blanc de Noir Réserve Extra Brut kann man für 15€ bei Wine in Black erwerben.

3 Antworten auf „Weinrallye 84: Deutscher Sekt auf der Überholspur – Jülg/Weinreich

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