Innerer Zwist, Zwiespalt und die Folgen: Die Rotweine des Jahres 2014!

2014 Rotweine des Jahres

(NM) Rückblickend war das Jahr 2014 ein … – ach lassen wir das. Es ging drunter und drüber, wir haben auf unzähligen Messen, Proben und Reisen unseren vinophilen Horizont erweitert, viel Wein ausgespuckt und wahrscheinlich auch genau so viel getrunken. Es wird, wie auch in 2013, einen Rotwein und einen Weißwein des Jahres 2014 bei Drunkenmonday geben. Die Weine können, müssen aber nicht zwingen in diesem Jahr hier schon vorgestellt worden sein, denn gerade die Weihnachtszeit bietet doch viel Gelegenheit für den ein oder anderen großen Wein zwischen Plätzchen, Gans und plus 8 Grad Celsius.

Dann doch zwei.

Für unseren Rotwein des Jahres 2014 gab es leider inneren Zwist und Zwiespalt. Zwei Weine standen an, diesen Titel einzuheimsen. Nach viel hin und her, Rücksprache mit der Gruppe und dem inneren Seelenfrieden haben es nun schlussendlich beide Weine auf Platz eins geschafft. Von außen und mit etwas Abstand betrachtet macht die Entscheidung aber durchaus Sinn. Denn beide Weine sind so Grundverschieden wie sie nur sein können. Der Eine aus dem Segment des „Luxus-Premium-Dicke-Hose“ Weines, voller Sinnlichkeit, Qualität und Wow-Effekt, der Andere leise, tief, irgendwo freakig und der Widerspruch in sich. Somit jetzt und hier die beiden Rotweine des Jahres 2014 bei Drunkenmonday:

Rotwein_des_Jahres_2014

Die Gewinner: 2012 Weinreich Schwarzriesling „Stein“ und 2011 Stefano Antonucci „Mossone“

Rotwein des Jahres 2014 – für den Freak in uns. 2012 Weinreich Schwarzriesling „Stein“

Marc Weinreich vom Weingut Weinreich ist schon ein ausgeklügeltes Köpfchen. Sein mitunter aufwendigster und teuerster Wein steht nicht offiziell auf der Karte. Er macht ihn nur für sich und ein paar Freaks in seiner Kundschaft. Und das auch nur in den besten Jahren. Dann aber richtig: Die Trauben für den Schwarzriesling aus dem Bechtheimer Stein wurden im Sommer halbiert. Eine Vorlese im September ging in den Pinot Sekt Brut Nature. Anfang Oktober wurden dann wirklich nur die besten reifen Trauben per Hand geerntet, gebettet und in offenen Bütten ca. 2 Wochen lang vergoren, davon etwa 1 Woche auf der Maische mazeriert. Nach dem abpressen ging es dann direkt in für 24 Monate ohne Schwefel in die Barriques. Nur zur Füllung wurde etwa 30-40 mg Schwefel dazugegeben. Naturweinfreunde aufgepasst.

2012_Weinreich_Schwarzriesling_Stein

2012 war der erste Jahrgang nach der Bio Umstellung des Weingutes. Die Farbe des 2012 Weinreich Schwarzriesling „Stein“ ist leicht trüb (da unfiltriert gefüllt wurde) und zeigt ein 100% transparentes und mattes Rotbraun. Die Nase ist Wahnsinn: Kräuter Funk trifft Waldboden, viel Lorbeer und etwas Harz. Die Frucht ist ganz weit im Hintergrund, und wenn sie sich zeigt, dann höchstens in Form von Orangenzesten. Die 24 Monate im Barrique vereinen sich in einer perfekt ausbalancierten Holzwürze. Der Wein strahlt enorm duftig und ausdrucksstark aus dem Glas. Hier haben wir ganz klar den Typ alternatives und puristisches Burgund an Stelle des klassischen Deutschen Schwarzrieslingy. DER Gegenpol zum deutsch-fruchtigen Rotwein Typus!

Am Gaumen gibt es pure Eleganz, ein samtig weiches Mundgefühl, dazu sanfter aber konstanter Druck im Mund. Filigran, feingliedrig, tänzelnd und kühl sind hier die Adjektive der Wahl. Dazu gibt eine feine Säure und feinster Tannin-Gripp enorme Länge. Das ist „Wow Faktor“ mit ganz leisen Tönen. Eine vinophiler Inbegriff der Leichtigkeit des Seins! Dies ist kein Wein für die große Verkostungsrunde, sondern eher der Typ: „Ich bin anders, nimm dir für mich Zeit“. Die Einzelaromen ergeben irgendwie kein Sinn, aber der Gesamtkontext des Weines dafür umso mehr. Er erinnert mich an einen klassischen Bonnes Mares aus einem kühlen Jahr. Ist das Deutschlands bester Schwarzriesling? Wer weiß, aber mit Sicherheit Deutschlands feinster! Zu bekommen ist dieser Wein nur auf Nachfrage ab Weingut. Der Preis liegt bei 29€ – dazu gab es nur knapp 700 Flaschen – also zuschlagen!

Rotwein des Jahres 2014 – für den Playboy in uns. 2011 Stefano Antonucci Merlot „Mossone“

Der vollständige Name des Weines müsste eigentlich wie folgt lauten: 2011 Azienda Agricola Santa Barbara / Stefano Antonucci „Mossone“. Leider gibt es lediglich 1315 Flaschen dieses 100%igen Merlots aus den Marken. Doch was macht ihn außer der geringen Menge so besonders? Mit dem 2011er Mossone vinifiziert Stefano Antonucci einen Playboy von Wein. Nicht falsch verstehen, dieser Playboy wirft nicht mit flachen Sprüchen um sich, riecht nach billigem Parfüm oder trägt „3rd Hand“ Garderobe. Nein, der Mossone strotzt vor Selbstbewusstsein, weiß um seine Qualitäten und Aussehen und gibt sich mit nichts außer dem Besten zufrieden. Doch kommt er nicht aus L.A., Paris oder London, nein, dieser Strahlemann kommt aus dem Städtchen Barbara in den Marken – und genau das macht ihn so besonders.

2011_antonucci_mossone

Diesen Charakter des Weines spiegelt auch sein Macher wieder. Und genau hier schließt sich der Kreis. Wer Stefano Antonucci einmal live erlebt hat kann verstehen, warum nur er einen Mossone vinifizieren kann. Stefano ist quasi der Typ Flavio Briatore mit vinophilen Hochschulabschluss. Der Wein ist der Playboy vom Lande, der sich nur auf Grund seiner inneren und äußeren Werte auf der großen Bühne behaupten und im Teich mit den dicken Fischen schwimmen kann.

Die Nase des 2011er Mossone ist nach 2 Stunden im Dekanter gelinde gesagt „Porno“. Es duftet ultra frisch, mit viel Ätherik, Minze, reifen Schwarzkirschen und etwas Rumrosinen. Die Frucht ist dichte und dunkel, der Alkohol ist perfekt eingebunden, die 15% sind nicht zu schmecken. Dieser kräftige und dichte Wein lebt und strahlt durch seine Kühle und Frische. Und genau das macht ihn zu etwas ganz besonderem. Neben dem feinsten Tannin beindruckt gerade der Nachgeschmack mit einem Aroma, als hätte man seinen Rachen mit Menthol/Minz-Atemfrisch benebelt. Die Balance zwischen bestem Holz, reifer Frucht, Säure und dieser Frische ist schlichtweg sensationell. Hier darf der Merlot zeigen, was mit perfektem Terroir und dem richtigen Fingerspitzengefühl des Winzers alles möglich ist. Bei aller Konzentration auf die Mitte wird hier der Trunkfluss dank extremer Kräuter/Holz Ätherik ganz weit nach vorne gespielt. Weltklasse „dicke Hose“ aus feinstem Zwirn, bedient er locker die Liga Massetto und Co., ohne sich seiner Heimat schämen zu müssen. Ein Blindproben-Schreck der ersten Güte – und deswegen unser Rotwein des Jahres 2014. Wer diesen Wein für 70 Euro erwerben möchte, kontaktiert bitte diese Email Adresse.

„Weine des Jahres“ der letzten Jahre:
Rotwein des Jahres 2013 bei Drunkenmonday
Weißwein des Jahres 2013 bei Drunkenmonday
Wein des Jahres 2012 bei Drunkenmonday

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12 Antworten auf „Innerer Zwist, Zwiespalt und die Folgen: Die Rotweine des Jahres 2014!

  1. Den Zwist kann ich nachvollziehen. Ich wüßte zum Beispiel auch überhaupt nicht, welchen Rot- oder Weiß- oder sonstwas -wein ich denn nun zu meinem Highlight des Jahres 2014 küren sollte. Die Weine, die ich im vergangenen Jahr getrunken habe, sind zum einen selbst sehr unterschiedlich, die Situationen, in denen ich sie genossen habe, auch. Und die aktuellen Genüsse überschatten die vergangenen meist auch etwas. Und es waren dieses nicht gerade wenige superschöne Tröpfchen dabei.
    Ist das denn letztlich soo wichtig, welcher Wein nun der vermeintlich allerbeste war? Ist sowieso -zum Glück- alles subjektiv.
    Trotzdem sind eure Entscheidungen absolut nachvollziehbar, schön begründet und beschreiben 2 sicher sehr interessante Weine. Vielleicht bietet sich ja mal die Gelegenheit, die Weingüter zu besuchen, notiert habe ich sie vorsorglich mal…

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