Gastbeitrag Weinrallye #62: 5 Euro Wein – Kann das gut sein?

Hier nun der erste Gastbeitrag zur Weinrallye #62 – geschrieben von Marc Dröfke:

Gastbeitrag von Marc Dröfke

Hendrik Thoma antwortet einst auf die Frage ob es einen anständigen Rotwein für unter 5 Euro gäbe wie folgt: „Für diesen Betrag gibt es gibt es kein Erlebnis, sondern nur Wirkung. Sicher, Geschmack ist eine subjektive Angelegenheit. Doch einen wirklich guten Wein zu diesem Preis zu bekommen ist Utopie.“ Die Kritik zu seiner Aussage die in der Zeitung „Die Welt“ abgedruckt wurde, kam postwendend. Thoma wurde Borniertheit und Snobismus vorgeworfen, es gab Verkostungen die das Gegenteil beweisen sollten und, und, und.

Der sehr bekannte Hamburger Autor Mario Scheuermann der ebenfalls viel über Wein, Restaurants, Reisen und noch andere Themen bloggt (www.weinreporter.net) schrieb: „Wer diese Frage so kategorisch verneint wie Thoma das getan hat, hat entweder den Bezug zur Realität verloren oder er ist arrogant, ideologisch verblendet bzw. propagiert ein Weinweltbild weit jenseits des Mainstreams.“

Harter Tobak, doch Thoma steht zu seiner Aussage. Bis heute. Der Master-Sommelier und Videoweinblogger (www.weinamlimit.de) benennt den Geschmack als subjektive Angelegenheit was ich dahin gehend deute das er meint, jeder ist selber für die Formung seines Qualitätsbegriffes zuständig und muss diesen selber formen und interpretieren. (Übrigens hat unser heutiger Gastgeber Nico Hendrik erst vor kurzem in Hamburg besucht und zusammen haben die beiden zwei sehr interessante Videos abgedreht.Folge 91 und 92. Einfach mal reinschauen, es lohnt sich ). Seit dem ist die „5€ Weinfrage“ immer und überall präsent. Sogar der jetzige Kanzlerkandidat der SPD, Peer Steinbrück, äußerte sich bei einem Foyergespräch des Magazins Cicero: „Eine Flasche Pinot Grigio, die nur 5 Euro kostet, würde ich nicht kaufen“

Ich persönlich sehe die 5€-Frage ähnlich wie Thoma. Wenn man bedenkt was bei einem Wein für 5 Euro Bruttopreis das eigentliche Produkt tatsächlich kostet fällt es mir immer schwer daran zu glauben das es auch wirklichen Genuss/Spaß bringen kann. Bevor eine Flasche beim Konsumenten landet, ist sie durch die Hand von Importeuren, Agenten und Großhändlern gelaufen. Jeder von ihnen verdient etwas daran. Der eigentliche Stoff kostet dann meist um die 1,80 Euro.

Qualität hat in meinen Augen einfach seinen Preis. Man bekommt auch keinen Porsche für den Preis eines Fiat Puntos, einen maßgeschneiderten Anzug für den Preis eines Sakkos bei Woolworth oder eine Stereoanlage von Bose für einen Apfel und ein Ei. Leider sind gerade die Deutschen, die bekanntlich ein höheres Netto-Pro-Kopf-Einkommen haben als viele ihrer europäischen Nachbarn, sehr knickrig im Bezug auf Lebensmittel und Getränke, nicht nur im Schwabenland wo ich herkomme. Nur noch billig, billig, billig. Für mich sind die erst kürzlich aufgetretenen Fleischskandale eine Auswirkung von dieser „Ich kaufe nur noch billig“ Moral. Wer Qualität will muss auch bereit sein dafür ein wenig tiefer in die Tasche zu greifen. Fertig.

Was den Wein für mich zum spannenden Getränk macht, ist das er eine Art Handschrift hat und Passion dahintersteckt, und ich bin gern bereit, etwas mehr Geld für Dinge auszugeben, bei denen ich merke: Hier hat sich jemand Mühe gegeben um etwas zu erzeugen was nicht nur handwerklich einwandfrei ist sondern mich dazu animiert sich tiefer mit der Materie zu beschäftigen. Ich bin mir durchaus bewusst das bei vielen der Wein zum absoluten Luxusgut gehört und es einem schwer fällt mal etwas mehr für eine Flasche hinzulegen. Auch ich bin noch Schüler und habe sicherlich nicht die finanziellen Kapazitäten um mir die Romanée-Conti´s, Monfortinos und Château Lafite – Rothschilds reinzuziehen. Doch dann kauf ich mir eben weniger Wein dafür aber dann eine Flasche die mich anspricht und mir die Möglichkeit gibt meinen Weingeschmack weiter zu entwickeln. Deshalb gilt für mich auch hier das Motto: Weniger ist mehr!

Nichtsdestotrotz habe auch ich mich für die heutige Weinrallye auf die Suche nach einem Wein gemacht der die Kriterien erfüllt die unser heutiger Gastgeber Nico Medenbach von Drunkenmonday uns vorgegeben hat: 5€ Schallgrenze.

Jetzt bin ich nicht in den nächst besten Supermarkt gerannt und habe mir eine Pulle des hier so beliebten Trollingers geholt sondern bin im Netz auf die Suche gegangen. Im Deutschen Weinforum, diversen Facebook-Gruppen und verschiedenen Webseiten. Weine für unter 5 Euro gibt es ja bekanntlich jede Menge und jede Beschreibung klingt besser als die nächste. Den Tipp für meinen Wein bekam ich von Tim Atkin, Master of Wine (www.timatkin.com) der eher in England bekannt ist. Er ist wie ich ziemlich aktiv bei Twitter unterwegs und ich dachte ich frage ihn einfach mal was er denn für einen heißen Tipp in Sachen bis 5 Euro hat. Er antwortete mir recht schnell und empfahl mir die Weine aus der spanischen Region Campo de Borja.

Das Weinanbaugebiet Campo de Borja befindet sich in der Provinz Zaragoza in Spanien und umfasst ca. 7,400 Hektar Anbaufläche. 17 Bodegas, gibt es im Weinanbaugebiet Campo de Borja, die zusammen knapp 30 Mio. Liter Wein pro Jahr produzieren. Angebaut werden dabei hauptsächlich rote, weniger auch weiße Rebsorten. Im Weinanbaugebiet Campo de Borja wird wahrscheinlich seit der Zeit der Römer Wein angebaut, das erste schriftliche Zeugnis des Anbaus findet sich jedoch erst im Jahre 1203. Die Region hat DO-Status (Denominación de Origen) seit 1980. Da das Weinanbaugebiet Campo de Borja im Landesinneren liegt, ist das Klima eher kontinental geprägt, wenngleich im Winter oft ein kalter, trockener Wind vom Atlantik her weht. Der Niederschlag hält sich in Grenzen und die Temperaturunterschiede können mitunter hoch sein. Der Wein wird hauptsächlich auf Hochplateaus zwischen 350 und 750 Metern über Meeresspiegel angebaut, die Böden im Weinanbaugebiet Campo de Borja sind dunkel, nährstoffreich und von durchschnittlichem Steinbesatz. Der Berg Moncayo dominiert die Region.

Mein Wein stammt von der Bodega Borsao. Diese wurde bereits öfters von Robert Parker erwähnt wenn es um ein möglichst gutes Preis-Leistungsverhältnis geht. Auch Wine Spectator und Stephen Tanzer schrieben nur Gutes über die Weine. Borsao ist ein 1958 gegründeter Zusammenschluss von ca. 400 Erzeugern, die in der Anbauregion eine Fläche von fast 1500 ha bewirtschaften.

2011 Vina Borgia

Mit dem „Tres Picos“ der Bodega hatte ich bereits vor einigen Monaten gute Erfahrungen gemacht. Allerdings wäre dieser Wein den heutigen Vorgaben nicht angemessen und so habe ich mir den Vina Borgia Tinto DO aus dem Jahre 2011 bestellt. Der Wein wurde mit 88 Punkten von Jay Miller im Wine Advocate bewertet. Keine schlechte Hausnummer für einen Wein für unter 5 Euro, wobei Millers Bewertungen ja bekanntlich immer mit etwas Vorsicht zu genießen sind. Der Wein wird aus 100% Garnacha-Trauben gekeltert. Das verwundert weiter nicht, da Garnacha (in Frankreich bekannt unter Grenache) die meistangebaute Rebsorte in der Region ist.

2011 Vina Borgia Rückenlabel

Ins Glas fließt ein relativ heller Saft, an den Rändern eher an die Farbe eines Pinots erinnernd, im Kern dann aber etwas dunkler. Die Nase ist sehr auf die Frucht gestellt. Allerdings nicht volles Rohr sondern alles sehr dezent. Rote Früchte wie Himbeere, Kirsche und etwas rote Johannisbeere daneben kommen noch etwas asiatische Gewürze hinzu. Mehr allerdings nicht. Am Gaumen wiederum zuerst rote, leicht süßliche Früchte (Himbeere, rote Kirsche) dann aber auch Lakritze und etwas nasses Leder. Der Wein ist eher von mittlerem Körper. (13,5 Alk.) Er erschlägt einen nicht gleich wie so manche anderen spanischen Fruchtbomber mit 15 Volumenprozent und mehr. Die Struktur gefällt mir gut, die Tannine kommen am Ende etwas raus scheinen aber recht gut eingebunden zu sein.

2011 Vina Borgia im Glas

Alles in allem ein guter Wein dem mir persönlich allerdings etwas die Ecken und Kanten fehlen. Gut wir sind hier im Bereich von 5 Euro hier kann man vielleicht einfach nicht allzu viel Individualität erwarten. Allerdings würde ich hier 1,50 Euro mehr in die Hand nehmen und zum „Les Mas“ von Pierre Clavel oder für 2,50 Euro mehr zum Nero d’Avola von Morgante greifen die sehr viel mehr Individualität, Kraft und Trinkfluss mitbringt. Die 88 Punkte von Jay Miller kann ich nicht bestätigen, ich bin hier bei 84-85 Punkten. Ein Bild der Rechnung kann ich leider nicht beisteuern,, wer sichergehen will den Wein gibt es hier.

Bedanken möchte ich mich noch bei Nico Medenbach der mir „Asyl“ auf Drunkenmonday gewährt hat. Freue mich auf noch viele weitere Weinrallyes.

7 Antworten auf „Gastbeitrag Weinrallye #62: 5 Euro Wein – Kann das gut sein?

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  2. Über Weinpreise wird man immer streiten können. In einem Land, wo das Speiseöl maximal 1,49 € pro Liter kosten darf, das Motorenöl aber locker 39,-€ sowieso.
    Für einen Preis um 5,-€ kann man aus Spanien, Portugal, auch Italien und , das sei nachdrücklich erwähnt, Tschechien,
    durchaus spannende, sortentypiosche Weine bekommen.
    Ich habe über 12 Jahre im Spitzenweinhandel gearbeitet und habe Petrus für 850,-€ genauso gern verkauft wie den genannten Vina Borgia für 3,95€.
    Es ist eine Frage des Weinwissens, der Kenntnis, Eerfahrung der Käufer, es macht für mich keinen Sinn, mit hohen zweistelligen Preisen in ein unbekanntes Weingebiet zu starten.
    Wer mir sagte, ich trinke gern Wein, hab`aber keine Ahnung, will auch keine tiefengründige Erklärungen, war mit einem Wein um 5,-€ immer gut bedient. Das Angebot ist groß!
    Ich komme gerade von einem Discaunter, ich habe zwei Weine für 1,99 den Liter(!) gesehen. Da kann auch ich nur sagen – ich verstehe es nicht!
    Für mich liegt die Schallgrenze bei etwa 4,-€.
    Für einen Aloxe Corton gebe ich aber gern viel Geld aus!
    Wenn Herr Steinbrück keinen Pinot Grigio für unter 5,-€ kaufen würde, er kann sich höhere Qualität halt leisten.
    Ein großer Teil der Bevölkerung leider nicht.
    Der Dacia unter den Autos hat das gleiche Existenzrecht wie ein Vina Borgia und ein Rothschild.
    Es soll oder muß jeder für sich entscheiden.
    Weine für ca. 5 € können hochwertig sein und haben ihre Berechtigung am Markt.

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  5. Sehr guter Artikel, leider habe Ich noch nie einen Guten Rotwein gefunden der Preislich unter 5 EUR lag. Beim Weißwein Sieht es schon anders aus, da sind mir einige gute die sogar bei 3 EUR im Einkauf lagen auf den Tisch gekommen.

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