Keine Tradition, etwas Revolution und wenig Manipulation: Deutsche „Orange Wines“

(NM) Mir geht dieses sporadische „Orange Wine“ heruntermachen in Deutschen Weinkreisen ehrlich gesagt ganz schon auf den Zeiger. „Schmeckt wie Dreck“, „Unsaubere Weine“, „Eldorado der Weinfehler“ wird hier fröhlich über ein Kann geschert. Doch dabei gibt es für diese „Orange Wine“ Geschichte überhaupt keine klare Definition, keine gemeinsame Grundlage für „das braucht kein Mensch“. Oft wird das Thema Naturwein und Orange Wine einfach zusammen abgefrühstückt. Doch hinter dem einen steht eine Philosophie (Naturwein: Biodynamie im Weinberg + wenig/kein Schwefel + weglassen sämtlicher Hilfsmittel zur Klärung/Schönung etc.), im anderen Fall eine Weinbereitungsmethode (Orange Wine: Maischegärung bei Weißweinen).

Ich möchte jetzt auch nicht in das Pro und Contra Naturwein, Orange Wine und Konsorten abdriften. Nur so viel: Sicher gibt es Winzer die diese Ansätze/Methoden nicht so gut umsetzen wie andere. Sicher gibt es Naturweine und Orange Wines, die aromatisch dem Ottonormal Weintrinker die Fußnägel zum hochrollen animieren. Das ist unbestritten und steht auch hier nicht zur Debatte. Doch das eigentliche Ziel des maischevergorenen Weißweines (gerne auch Orange Wine) ist es, durch den längeren Kontakt mit den Traubenschalen und Kernen (und den in ihnen vorhanden Tanninen) eine Erweiterung des Aromen- und Geschmacks-Spektrums hervorzurufen. So simpel das auch klingen mag. Dafür sind weder Koalitionen mit den Herrn Steiners Theorien notwendig, noch spielt der heilige Schwefel hier eine übergeordnete Rolle.

Die Herangehensweise um Tannine in den Weißwein zu bekommen, kann relativ unterschiedlich sein. Die Vorstufe der Maischegärung wäre die Maischestandzeit. Hier wird der Most mit Kernen und Schalen für einige Tage „ziehen“ gelassen. Diese Technik ist aber für Weißweine in der heutigen Zeit nicht wirklich ungewöhnlich oder neu. Betriebe wie zum Beispiel Koehler-Ruprecht wenden diese Methode schon seit Jahren erfolgreich an. Es verleiht den Weinen mehr Struktur und Tiefe, ohne aber an den typischen Aromen Entwicklungen der Traube – geprägt durch das „Terroir“ – zu kratzen. Durch entsprechende Kühlung wird verhindert, dass die Maische die alkoholische Gärung beginnt. Um bei einer längeren Maischestandzeit (auch Mazeration genannt) die Oxidation mit Sauerstoff zu verhindern, kann die Maische mit Hilfe eines Gases (welches schwerer als Sauerstoff sein muss) oder z.B. Trockeneis „verschlossen“ werden. Um aber so viel Farbe und Tannin wie möglich aus den Beerenschalen zu lösen, können auch Weißweine eine Maischegärung durchlaufen. Da auch die Schalen von Weißweintrauben nicht wirklich „weiß“ sind, kommt es bei dieser Methode zu den berühmten orangefarbenen Weinen – Orange Wines – ein umstrittener Mythos ist geboren.

In den letzten zwei Jahrzehnten lag das Epizentrum des Orange Wines im italienischen Nordosten, genauer gesagt im Collio, an der Grenze zu Kroatien. Hier vinifizieren Winzer wie Stanko Radikon oder Josko Gravner einzigartige orangene Weißweine. Doch seit kurzem scheuen auch deutsche Winzer nicht, sich an diese Themengebiet heranzuwagen. Ich habe lange gebraucht, diese teilweise versteckten Schätzchen in Deutschland aufzutreiben. Die wenigsten Weine stehen offiziell auf den Weinkarten der Güter. Hier war wirklich der Jäger und Sammler Trieb gefragt. Als Bonus-Gast an diesem Abend hatten wir Jörn Goziewski, seines Zeichens Kellermeister beim Weingut Ankermühle am Tisch. Er brachte gleich 3 außergewöhnliche Rieslinge mit. Nun also „Vorhang auf“, zur ersten deutschen (mehr oder weniger) Orange Wine Probe. Weiterlesen

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Wenn der Winzer 2 mal klingelt: Hausbesuch vom Weingut J. Bettenheimer

Rheinhessiche Pinot Entdeckung: 2009 Bettenheimer Spätburgunder Täuscherspfad

(NM) Es kommt nicht oft vor das Winzer persönlich ihre Weine der Drunkenmonday Runde im beschaulichen Gießen vorstellen. Doch einer von Ihnen war der ausgesprochen sympathische Jens Bettenheimer von dem Weingut J. Bettenheimer aus dem unterschätzten Ingelheim in Rheinhessen. Es wurde ein Abend voller spannender, lustiger und interessanter Geschichten aus dem Winzer-Alltag, inklusive der wirklich schönen Weinen des Weingutes. Ich denke der Weg nach Gießen hat sich für beide Seiten gelohnt – wir für unseren Teil nehmen eine Menge Informationen „von der anderen Seite“ des Business mit.

Jens Bettenheimer studierte klassisch im ehrwürdigen Geisenheim die hohe Kunst der Traubenbereitung. Nach seinem Abschluss und 8 Monaten im Bioweingut Fromm Winery in Neuseeland eröffnet er seit nunmehr 5 Jahren neue Qualitätsoffensiven im elterlichen Weingut im Rheinhessischen Ingelheim. Auf 12 Hektar Rebfläche werden neben den klassischen Rebsorten wie Spätburgunder, Frühburgunder, Silvaner, Riesling und Grauburgunder auch ganz ausgezeichneter Chardonnay vinifiziert. Seit 2009 wird im Weingut Bettenheimer die Klassifizierung nach Gutsweine, Ortsweine und Lagenweine umgesetzt. Nur die restüßen Weine bekommen die klassischen Prädikate mit auf das Label. Sehr vorbildlich in meinen Augen! Sowohl im Eichelmann als auch im Gault Millau werde 2 Trauben bzw. 2 Sterne vergeben. Hier ist man sich einig. Jens hatte für die Probe eine relativ große Auswahl an Weine dabei. Ich beziehe mich hier jetzt einmal auf die Highlights des Abends und picke somit die Rosinen aus dem durchweg sehr guten und homogenen Sortiment. Weiterlesen

Querbeet durchs Parkett – VDP Mainzer Weinbörse 2012

Mein Favorit bei den Spätburgundern... Am letzten Wochenende im April treffen sich jedes Jahr (fast alle) VDP Betriebe in den Mainzer Rheingoldhallen zur Mainzer Weinbörse. Da zur ProWein im März die meisten Weine des aktuellen Jahrgangs noch am gähren sind bzw. nicht gefüllt waren, zeigen die Betriebe in Mainz deutlich fertigeren Traubensaft. Von QbA bis TBA und von Pinot Medelaine bis Sauvignon Blanc Auslese wurde alles gezeigt, was die Lager der Betriebe im Moment füllt. Da die Großen Gewächse aus 2011 natürlich noch nicht der Öffentlichkeit gezeigt werden dürfen, brachte der ein oder andere Betrieb ein GG aus den Jahren 2008 bis 2010 mit.

Bei der Masse an Betrieben und Weinen war es für mich in den wenigen Stunden nicht möglich, einen kompletten Überblick über die VDP Qualitäten des Jahrgangs 2011 zu bekommen. Jahrgangsprognosen, beste Kollektionen und wilde Statements sollen andere ausrufen. Ich habe im Großen und Ganzen versucht, meine Wissenslücken neben den Superstar-Rebsorten Riesling und Spätburgunder zu stopfen. Deswegen gibt es hier und heute sozusagen ein „Best of“ der 2011er Mainzer Weinbörse inklusive Empfehlungen und Kuriositäten meinerseits. Weiterlesen

Nachgefragt @drunkenmonday.de: 13 Fragen/Aussagen an, von und mit Paul Weltner

Paul Weltner Nachgefragt @drunkenmonday

(NM/PT) Der Franke liebt seinen Silvaner in Bocksbeuteln. Das so etwas auch verdammt gut schmecken kann, beweist der charismatische Paul Weltner auf beeindruckende Weise. Seine Weine bringen Klarheit ins Glas. Sie sind keine seifig-belanglose Silvaner-Einheitsware, sondern puristisch-kalkige Silvaner von eleganter Finesse und süchtig machendem Trinkvergnügen. Ein gesuchter (und meistens viel zu schnell ausverkaufter) Geheimtipp von Paul Weltners Sympathisanten sind seine uneingeholten Scheureben und sein unwiderstehlicher Sauvignon Blanc. Mit diesem kompromisslosen Weinstil hat er das Weingut Weltner in die erste Liga der fränkischen Spitzenweingüter geführt. Seine Weine haben sich außerdem zu Lieblingen deutscher Spitzengastronomen entwickelt. Wir sind sehr stolz Paul Weltner bei „Nachgefragt @ Drunkenmonday“ im Boot zu haben.

Die Regeln sind klar: Wir fragten – Paul antwortete in fett:

1) Trinkt mehr

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Ich mag ja eigentlich keinen Silvaner…

… doch den hier finde ich wirklich gut.

2010 Lukas Krauß Silvaner(NM) Wer regelmäßig über unseren Blog stolpert, dem wird der Name Lukas Krauß schon das ein oder andere mal über den Weg gelaufen sein. Der Jungwinzer mit Hut aus Lambsheim/Pfalz produziert neben Riesling, Grünen Veltliner und Grauburgunder auch eine Silvaner. Normalerweise mag ich keine Silvaner. Oft sind sie mir zu fett, fast schon seifig und überkonzentriert. Andere dieser Gattung driften in Belanglosigkeit ab, sind wenig spannend und austauschbar. Doch ganz anders der 2010er Silvaner „ein Hut“ von Lukas Krauß. Weiterlesen

Große Verwirrung in der 1 Liter Klasse

Hübsch anzusehen - Literweine(NM) Auch das muss mal sein. Drunkenmonday begibt sich zurück an die Basis: der bodenständigen 1 Liter Klasse. Wer seinen Wein in die meist dickbäuchige 1000 ml Flasche füllt, strebt schon per Füllmenge nicht die Qualitätsspitze seines Schaffens an. Es sollen einfache, aber doch ordentlich gemachte Weine sein. Sortentypisch, leicht zu trinken, liebevoll auch „Schoppen-Wein“ oder „Schorlentod“ getauft. Wir verkosteten im Rahmen einer Auswahl für eine Weinladeneröffnung 18 Weine dieser Klasse. Weiterlesen