Politikum GG Bewertung – mehr als nur drei Worte und eine Zahl?

Goldkapsel: VDP Grosse Lage

(NM) Das Thema „Politik & Wein“ der Weinrallye #67 auf dem Blog „Arthurs Tochter Kocht“ weit dehnend, spreche ich heute mal ein Politikum am, welches mich Jahr für Jahr irgendwie stört: Drei Worte und eine Zahl – fertig ist die offizielle Weinbeschreibung. Dieses kurzweilige Phänomen findet man sehr gerne nach den umfangreichen VDP GG Präsentationen wieder…

Alle Jahre wieder – um den ersten September herum – dreht sich in der deutschen Weinlandschaft eigentlich alles nur um fünf Buchstaben: VDP GG. Dabei werden die Weißen Großen Gewächse aus dem Jahr zuvor und die meisten Roten GG’s von vor zwei Jahren „wie nix G’scheits“ gegeneinander verkostet, probiert, diskutiert, zerrissen, gelobt, und bewertet. Dieses Spektakel findet in der Regel auf den großen VDP GG Jahrgangs-Präsentationen statt. Neben dem „Kick-Off“ in Berlin, ist der VDP in 2013 aus dem ehrwürdigem Kloster Eberbach aus- und in das barocke Gesellschaftshaus des Frankfurter Palmgartens eingezogen, um der Fachwelt diese großen (und nicht immer) trockenen Weine vorzustellen. Genau diese „Mega“-Proben sind von dem Verband Jahr für Jahr perfekt organisiert und bieten die optimale Möglichkeit sich einen umfassenden Überblick über die Jahrgangs- und Winzerqualitäten zu verschaffen. Ganze 4-5 Stunden hat der Gast hier Zeit, um möglichst viele der 418 angestellten Weine zu verkosten. Das dabei keine detaillierte Beschreibung herauskommen kann ist klar. Doch eine Sache stört mich nach solchen Events immer recht gewaltig: Nennen wir es die „Drei Worte und eine Zahl“ Bewertung.

Politik & Wein?

Es soll Kollegen geben, die den Anspruch auf Vollständigkeit hegen und pflegen. Dies bedeutet: alle GG’s vorstellen und beschreiben. Egal wie viel Aufmerksamkeit der einzelne Wein dann bekommt. Heraus kommt dann oft so etwas wie „Wein xyz: Mineralik, Spannung, Säure – 89 Punkte“. Man stelle sich nun einmal folgende Situation vor: Der Winzer schuftet das ganze Jahr im Weinberg, verbringt schlaflose Nächte um den optimalen Lesezeitpunkt für seine GG’s zu finden und wird für all seine Mühen um seinen großen Wein mit drei Worten und einer Zahl abgewatscht? Muss das sein? In meinen Augen nicht. Kollegen wie Marcus Hofschuster von Wein-Plus zum Beispiel machen es in meinen Augen richtig. Sie produzieren mehrstündige Verkostungs-Videos, wo jeder Wein neben der sensorischen Bewertung auch noch eine persönliche Note mitbekommt. Dazu wird der Wein bei Bedarf die nächsten Tage noch nach verkostet. Ein in meinen Augen deutlicher Mehrwert für den interessierten Verbraucher – und natürlich das Extrem zu „Frucht, Druck, Kurz – 88“ auf der anderen Seite. Ich persönlich werde auf jeden Fall einige 2012er Großen Gewächse hier auf Drunkenmonday mehr Platz einräumen als nur drei Worte und eine Zahl. Anfangen möchte ich hier mir den drei 2012er Riesling GGs aus dem Hause Barth.

3x 2012 Barth Riesling GG

2012 Barth Riesling Wisselbrunnen GG

Mit dem Riesling GG aus dem Hattenheimer Wisselbrunnen geht Mark Barth aus dem Jahrgang 2012 ein kleines Wagnis ein. Die 100% gesunden Trauben (d.h. keine Botrytis) wurden mit nur 38 hl/ha geerntet und durchliefen danach eine etwa 24 Stündige Maischestandzeit. Während der (Spontan-)Gärung wurde dann dem Most ein kleiner Anteil ganzer und nicht gepresster Trauben hinzugegeben, um dem Wein ein stärkeres phenolisches Rückgrat mitzugeben. Danach folge eine lange Lagerung auf der Feinhefe. Herausgekommen ist ein Bollwerk von einem Riesling, welcher sich aber im Moment noch relativ unnahbar und aromatisch verschlossen präsentiert. In der Nase finde ich neben Anklängen von tropischer Frucht eine leichte grüne und vegetabile Note, ein wenig Kümmel, dazu würzige Mineralik und etwas was mich an Limettenschalen erinnert. So richtig springt mich der Wein aber noch nicht an. Auch am Gaumen wirkt er aromatisch etwas zugeschnürt, aber mit angenehm Druck und Kraft auf der Zunge. Der leichte phenolische Gripp zusammen mit der stabilen Säure und dem festen mineralischen Gerüst schafft ein straffes und zupackendes Mundgefühl. Der von mir im letzten Jahr beschriebene Fallschirm-Effekt bleibt hingegen (im Moment) noch aus. Hier wird uns etwas Geduld mit Sicherheit belohnen. Im Moment liegt der Wein für mich bei 90-91 Punkten, aber mit Potential für mehr, wenn er die Entwicklung von 2011 einschlägt.

Neue Flasche: VDP GG

2012 Barth Riesling Hassel GG

Stilistisch gesehen, ist das Barth Riesling GG aus dem Hattenheimer Hassel in den letzten Jahren immer mein persönlicher Favorit. Was mich an diesem Wein in der Vergangenheit so faszinierte, ist seine elegante, zarte und fast schon burgundische Art das Thema „großer trockener Riesling“ mit all seiner Lagentypizität und Winzerhandschrift in die Flasche zu transportieren. Das Hassel GG ist auch in diesem Jahr wieder die Grundlage für ein ganz besonderes Sekt-Projekt aus dem Hause Barth: dem Primuseinem versekteten Riesling GG exklusiv in der Magnum Flasche hergestellt. Doch nun mehr zu dem 2012 Barth Riesling Hassel GG. Der Ertrag betrug im Jahr 2012 nur 24 hl/ha. Der Ausbau ist ähnlich wie der des Wisselbrunnen GG‘s, nur ohne die mitvergorenen Trauben. In der Nase kitzelt eine kühle mineralische Würze, mit etwas Limette, angetrocknetes Steinobst und feine floralen Noten. So klar wie ein Gebirgsbach, wird schon im Geruch die vorhandene Frische und Eleganz deutlich zu Vorschein gebracht. Am Gaumen werden die nasalen Erwartungen vollends erfüllt. Diese wunderbare Eleganz, gepaart mit glasklarer Frische und Fokus macht am Gaumen richtig Freude. Wie auf einem mineralischen Teppich baut sich getragen von purer Limettenfrucht und einer straffen Säurestruktur – trotz der eleganten Erscheinung – ein guter Druck im Geschmackszentrum auf. Für mich eine feminine Interpretation der Lage Hattenheimer Hassel, welche aber deutlich mehr Mineralik und Würze als Frucht und Beliebigkeit zeigt. Ganz nach meinem Geschmack. 92-93 Punkte.

Hinten fällt auf: wenig Alkohol in den GGs!

2012 Barth Riesling Schönhell GG

Es ist sehr erfreulich zusehen, wie sich die Typizitäten der Weinberge in Verbindung mit der Handschrift von Mark Barth die letzten Jahre konsequent in die Flasche gebracht wird. Auch in der 2012er Version des Barth Riesling Schönhell GG finde ich viele Gemeinsamkeiten zum Vorgänger Jahrgang. Die technischen Daten sind hier noch einmal eine Ecke extremer. Die sehr konzentrierten und kleinbeerigen Trauben wurden am 31.10.2012 mit nur 23hl/ha geerntet. Nach etwa 24 Stunde auf der Maische gärte der Most sehr langsam bis in den April des nächsten Jahres hinein. Die Nase zeigt viele Kräuter (Kamille, Estragon, Salbei), Zitronengras, eine dunkle mineralische Würze, wieder etwas Limettenschale und Anklänge von reifem Pfirsich. Das Ganze wirkt sehr tief und komplex. Am Gaumen präsentiert er sich mit einer aktuell noch sehr verschlossenen Aromatik. Die Säure wirkt fast schon versteckt und gibt nur sekundär Struktur. Der Wein ist wie in einen würzig/mineralischen Mantel verhüllt, welcher kaum etwas durchlässt, doch an Hand seine Kraft und Struktur Potential für viele Jahre vermuten lässt. Dazu kommt ein fast schon cremig anmutendes Mundgefühl. Hier ist alles da, aber leider noch hinter Schloss und Riegel. Rein vom seinem Aromen Profil ist der Wein für mich ein Paradebeispiel des rassigen Rheingauer Rieslings Typus – wie aus dem Bilderbuch und definitiv der Langläufer unter den drei Barth Riesling GG’s. Für meinen Geschmack qualitativ in der Mitte der drei einzuordnen. 91-92 Punkte in meinem Buch.

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13 Antworten auf „Politikum GG Bewertung – mehr als nur drei Worte und eine Zahl?

  1. Na da liegt doch die Frage nahe: Wann kommen die anderen GG’s dran? Oder beschränkt sich dies nur auf Winzer B?

  2. Sehr interessanter Artikel, schön, dass auch Laien Begriffe erklärt werden, wie es bei Rabin der Fall war. Bin nur durch Zufall hier gelandet, aber ich denke, dass ich mit die Seite bookmarken werde.

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