Pfälzer Terra Rossa: 2004-2011 Pfeffingen Riesling Weilberg GG Vertikale

Imposant: 2004 - 2011 Pfeffingen Weilberg Riesling  GG Vertikale
(NM) Wenn in der Weinszene von „roter Erde“ gesprochen wird, richtig sich der Fokus schnell auf den „Roten Hang“ in Nierstein / Rheinhessen. Eisenoxid verleiht hier der Erde seine rötliche Färbung. Neben großen Rieslingen wird dort seit neuestem in den wärmsten Teilen auch Rotwein, genauer gesagt Blaufränkisch angebaut. Das Weingut St. Antony hat sich für diese Strategie auch schon eine Schellte von Jancis Robinson MW eingefangen. Wie kann man in dieser legendären Riesling Bastion die heiligen Reben durch bäuerlichen Blaufränkisch ersetzen – fragte sich Frau Robinson MW. Doch das Zeug schmeckt wohl richtig gut und kassierte gleich einmal 87+ Punkte von wein-plus.de.

Die Lage: Ungsteiner Weilberg

Nun, genug Wein-Gossip. Auch in der Pfalz gibt es „rote Erde“ im Weinberg. Zwar nur in einer Lage, aber diese hat es in sich. Es ist das 1 Hektar großen Herzstückes des Ungsteiner Weilbergs – die Riesling Paradelage des VDP Weingutes Pfeffingen. Dieser spezielle Teil des Weilbergs besteht aus tonigem Lehm, dessen starke Rotfärbung auf durch hohe Gehalte an Hämatit (Fe2O3) verursacht wird. Aus diesem Herzstück werden die Trauben für das Pfeffingen Riesling Weilberg „Große Gewächs“ gewonnen. Unser heutiger Kandidat für eine eindrucksvolle Jahrgangsvertikale.

2010 und 2011 Pfeffingen Weilberg Riesling GG2010-2011

Acht Jahrgänge – 2004 bis 2011 – des Pfeffingen Weilberg Riesling Große Gewächs standen auf unserem Probetisch. Eine großartige Möglichkeit Jahrgangstypizität neben den Faktor „Terroir“ zu stellen. Wir starteten mit dem 2011er Pfeffingen Weilberg Riesling Große Gewächs und stellten schnell fest, dass wir hier faktisch Baby-Mord begangen hatten. In der Nase recht verhalten und scheu, zeigte die 2011er Version Noten von einer „Kräuterwiese“, etwas Passionsfrucht, gelben Äpfeln und Mirabellen. Am Gaumen dank robuster Säure und Mineralität schön zupackend, im Aromen aber Spektrum noch deutlich unausgebildet und verhalten. Liegenlassen! 90-92(?) Punkte sammelte dieser Wein am Tisch. Auch das 2010 Pfeffingen Weilberg Riesling Große Gewächs stellte uns vor schwierige Aufgaben. In der Nase schlanker wie die 2011er Version, mit Noten von Lakritz, Zitrus und Geröll. Im Mund gab es dann Rock ‘n Roll aus deutlich herber Säure, unruhiger und anstrengender Mineralität und kräftigen Zitrus Noten. Im Moment doch recht unharmonisch und mit wenig Trinkfreude. Ok, auch die Rolling Stones haben mal klein angefangen. Hoffen wir mal, dass sich das fängt. Um die 88 Punkte gab es aus der Runde.

2008 und 2009 Pfeffingen Weilberg Riesling GG2008-2009

Im Jahr 2009 war die Welt noch in Ordnung. Zumindest für die Reben die das 2009er Pfeffingen Weilberg Riesling Große Gewächs trugen. Gerne redet man im Riesling-Chargon von der „Pfälzer Opulenz“. In diesem Wein kann man sie nicht nur suchen, sondern auch in ihrer vollen Pracht finden. Die Nase strotzt nur vor reifer und satter Frucht! Neben herrlichen tropischen Früchten findet sich kandierte Zitrone, Spuren von Blütenhonig und Tahiti-Vanille wieder. Für einige „Druck-Trinker“ (c) Weinkaiser am Tisch war dieser der Wein des Abends. Am Gaumen entzückten verschwenderischer Schmelz, samtige Frucht, perfekte integrierte Säure und wunderschöne Harmonie die Probanden. Im langen Abgang notierte ich noch „Kamille“ – hier spricht man wohl von vielschichtigem Wein. Super Stoff. Am Tisch gab es 92, 93 und sogar 94 Punkte. Mit dem 2008er Pfeffingen Weilberg Riesling Große Gewächs war ich schon ein wenig vertraut. Floss er doch u.a. als Dekadenz-Schorle auf dem Wurstmarkt 2012 meine Kehle hinunter. Die Nase war wie erwartend sehr spannend. Mango, Ananas, leicht rauchig und pfeffrig, mit Noten die fast schon an ein fruchtiges Curry erinnern. Ein Nasen-Wein – ganz klar. Am Gaumen gab es gut Druck auf die Zunge. Zuerst viel Frucht, Richtung Abgang wurde es dann kernig und herb dank der reifen Säure und Mineralität. Ein im Detail doch recht schwer zu beschreibendes Weinerlebnis. Gefallen hat es, 90-91+ Punkte wurden gezückt.

2006 und 2007 Pfeffingen Weilberg Riesling GG2006-2007

Das 2007 Pfeffingen Weilberg Riesling Große Gewächs lehrte sich stilistisch etwas an 2009 an, ohne aber diese starke tropische Frucht in den Vordergrund zu pressen. In der Nase wirkte er trotz reifer Aprikosenfrucht und minimaler Firne sehr frisch und blumig. Ich notierte sogar „romantisch“. Am Gaumen dominiert der mineralische Kern, welcher den Wein vibrierend mit einer höheren Amplitude an den Gaumen drückt. Dazu notierte ich „mehr physikalische Präsenz“ und „innere Dichte“ – bedeutet ein vollerer und präsenterer Wein, der trotzdem eine gewisse Eleganz entwickelt. Ein durchaus spannende Interpretation des Pfälzer Rieslings – 92-93 Punkte wurden aus der Gruppe verteilt. Für viele der beste Wein des Abends war das 2006 Pfeffingen Weilberg Riesling Große Gewächs. Aus einem qualitativ durchwachsenem Jahr schoss uns die schönste Nase des Abend aus dem Glas entgegen. Es roch wunderbar harmonisch und ausgeglichen nach reifer Ananas, getrockneter Aprikose und teurem Waldhonig, wo der Imker jede Biene noch beim Vornamen kennt. Einfach nur herrlich „kuschelig und gemütlich“. DER trockene Riesling für die Kamin-Abende. Auch am Gaumen ein wahrer Winter-Wein: Dicht, cremig und mundfüllend, mit Aromen von getrockneten Früchten und wieder etwas von dem edlen Honig. Alles ist ausgewogen ohne Ecken und Kanten. Im Abgang entfaltet sich diese wunderschöne Popcorn-Karamell Note, welche ewig am Gaumen haften bleibt. Ein sagenhafter Riesling aus einem schwierigen Jahr. 94 Punkte – da war man sich einig.

2004 und 2005 Pfeffingen Weilberg Riesling GG2004-2005

Mein persönliches Highlight der Probe war das 2005 Pfeffingen Weilberg Riesling Große Gewächs. Ich habe selten solche eine Eleganz und Grazie in einem Riesling erlebt. Die Aromatiken in der Nase beschrieb ich mit „lebendiger Reife“, Feuerstein, Litschi und Aprikose. Soweit klingt das relativ bodenständig, doch was sich dort am Gaumen abspielte, war schlicht weg sensationell. Noch nie konnte mich ein Riesling mit solch einer perfekten, seidig weichen Textur begeistern. Der Wein war sehr feminin, leise und entspannt, doch gleichzeitig wahnsinnig elegant, stimmig und komplett. Er wirkte wie mit feinstem Schmirgelpapier bearbeitet. Die Mineralik wurde eins mit der Frucht und der Säure. Pure und vor allem fühlbare Harmonie. Sensationell – ich war platt. Eine Pfälzer Riesling Hommage an große Burgunder. Ich zückte ohne zu zögern die 95 Punkte Karte. Ein wahrhaft großer Wein. Der letzte Wein des Abends, das 2004 Pfeffingen Weilberg Riesling Große Gewächs, hatte es natürlich nach solche einem Highlight recht schwer. Dennoch schlug sich der Wein aus einem „klassischen Jahr“ sehr ordentlich. Auch hier gab es kaum Anzeichen von typischen Alterungstönen. Nur ein Hauch von Petroleum war in der Nase erkennbar. Viel deutlicher schoben sich Aromen von reifer Ananas, kandierte Zitrone und etwas reifen Bananen nach vorne. Insgesamt wirkt das Geruchsbild recht kühl und fast schon kalkig. Am Gaumen lässt ihn die in den Hintergrund getretene Säure etwas spröde und karg erscheinen. Aromatisch wurden Noten von Honig und reifen tropischen Früchten notiert. Insgesamt ist der Wein aber „in Würde gealtert“ und sollte jetzt so langsam ausgetrunkenen werden. Dennoch gaben wir ihm auf Grund guter Balance und sehr ansprechendem Mundgefühl um die 90-91 Punkte.

Der große Dank geht an Jan Eymael vom Weingut Pfeffingen für das Bereitstellen dieser außergewöhnlichen und wunderschönen Probe! Die einzelnen Weine sind noch ab Weingut auf Nachfrage erhältlich! Unter dem Strich steht die Lage Weilberg für langlebige, kraftvolle und ausdauernde Weine. In keinem Wein fanden wir Petrol-Exzesse oder muffige Alterungserscheinungen. Ganz im Gegenteil, die wunderschönen Fruchtnoten wurden durch schöne Honigaromatik, Wiesenkräuter und belebender Mineralik ergänzt. Wir werden die Weine aus dieser außergewöhnlichen Lage definitiv weiter verfolgen.

Weitere Weine von Pfeffingen auf Drunkenmonday:
2011 Pfeffingen Scheurebe „SP“
Verschiede Scheureben – von Spälese trocken bis Beerenauslese
2007 Scheurebe Trockenbeerenauslese „für Marie“

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7 Antworten auf „Pfälzer Terra Rossa: 2004-2011 Pfeffingen Riesling Weilberg GG Vertikale

    • Großartig! Da sieht man sogar die rote Erde durchschimmern! Wie kann ich den Ausschnitt einbinden?

      • Wenn man auf der Lage ist einfach die URL kopieren und als link einfügen. Als view geht auch. Die Anleitung steht im Tag der Lage unter dem Icon für links (Kette) oder im menue unter anzeigen link.

  1. „Nun, genug Wein-Gosip.“
    Gosip? Fehlt da nicht etwas? Und weswegen dieser sinnlose und auch noch fehlerhaft eingesetzte Anglizismus?

    „Dieser spezielle Teil des Weilbergs besteht aus toniger Lehm, dessen starke Rotfärbung auf durch hohe Gehalte an Hämatit (Fe2O3) verursacht wird.“
    Woraus besteht der Berg?
    Außerdem sollte man sich irgendwann – spätestens beim nochmaligen Durchlesen des Textes – entscheiden, ob man „auf .. zurück zu führen“ oder „durch .. verursacht“ wählt.

    Weitere Fehler lasse ich unkommentiert und somit den Heinzelmännchen ihren Spaß. Schade, da das Thema an sich freilich sehr interessant ist und einer Vertiefung durchaus bedürfte.

    Letztlich sei angemerkt, dass die obige Grafik genauer ist, als dies bei Weinlagen-Info der Fall. Dort wird der Herrenberg nämlich gleich mit ins Boot geholt…

    Vinophile Grüße

    Gattaca

    • Ah, Herr Gattaca.

      Wie sagt man auf English 2.0: Long time no see.

      Die hervorgehobenen Inhaltsverschlechterer wurden natürlich sofort beseitigt.

      MFG

      NM

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