(NM) Als Winzer hat man je nach Vegetation-Periode seine festen Arbeitsabläufe: Rebschnitt im Winter, warten auf die Blüte, Laubschnitt und Ertragsanpassung über die Sommermonate in den Herbst hinein, ein Jahrhundertjahrgang kurz vor der Ernte in der Presse prognostizieren, Trauben ernten, keltern, Wein ausbauen etc. Man kennt seine Weinberge, hat seinen „Stil“ in der Weinbereitung und passt sich den klimatischen Entwicklungen jedes Jahr aufs Neue an. Eine durchaus kniffelige und fordernde Aufgabe, welche gute Ausbildung, Erfahrung und etwas Mut verlangt, um später große Weine in die Flasche zu bringen. Den meisten Winzern reicht diese Arbeit voll und ganz.
Was mache ich mit meiner Freizeit?
Man kann getrost sagen, „Projekt-Weine“ liegen im Moment voll im Trend. Sie sind die Art von Weinen, wo sich die Ketten der Weinbereitung etwas lockern lassen und man als Winzer einen Hauch von Extra-Freiheit genießen kann. Oft werden die gleichen Rebsorten verschiedener Lagen zwei Weingüter in einem Wein vereint. Solch einen Wein wie zum Beispiel den großartigen „Gottes Berg“ der Pfälzer Winzer Andreas Rings und Thomas Pfaffmann hatten wir hier auf Drunkenmonday schon vorgestellt. Heute geht es um ein ähnliches Projekt.
Die Cousins und Pfälzer Winzerkollegen Philipp Kiefer vom Weingut Alosiushof und Dominik Stern aus dem gleichnamigen Weingut Stern gehen mit ihrem Projekt „Pinot Times“ sogar noch einen Schritt weiter. Sie vereinen unter diesem Deckmantel gleich zwei Burgunderrebsorten. Der Anspruch ist so einfach wie komplex: Aus alten Gewannen der Gemeinden Sankt Martin und Hochstadt werden individuell Spätburgunder und Weißburgunder Trauben selektiert, um komplexe und langlebige Weine zu erzeugen. Neben dem „Pinot Times Pinot Blanc“ und dem „Pinot Times Pinot Noir“ wird noch ein Pinot Rosé Sekt Brut ausgebaut. Ein auf dem Papier sehr stimmiges Konzept.
Weißburgunder „Sur-lie“
Doch nun zu den Weinen: der 2010 Pinot Times „Pinot Blanc“ wurde 8 Monate lang „Sur-lie“ (bedeutet auf der Hefe) und mit Batonnage (bedeutet das unterheben der Hefe während der Gärung) zu 40% in neuen Barriquefass und zu 60% Edelstahltank ausgebaut. Daraus resultierten folgende Analysedaten: 8,1 g/l Gesamtsäure, 3,6 g/l Restsüße, 13,6 % Vol. Alkohol. Die Trauben stammen von St. Martiner Kalksteinboden und Hochstadter Lösslehm. Nach dem ersten Kontakt über Nase und Gaumen muss man ganz klar sagen: Die Holzarbeiten sind wunderbar in das Gesamtwerk integriert. Sicher kann und sollte man diese Ausbauart nicht verleugnen, aber Philipp und Dominik zeigen hier ein gutes Händchen für den Umgang mit neuen Barriques. Viele Weißweine sind schon unter dem Barriquemantel zusammengebrochen und wurden von den buttrigen/holzigen Aromen regelrecht zugenagelt. Die für einen Weißburgunder doch recht hohe und reife Säure hilft den Wein trotz eines recht fülligen Körpers noch animierend und feingliedrig in den Rachen hinein zu tragen. Die dominierenden Fruchtaromen sind Ananas, Melone und etwas reife Birne, getragen von einer feinen Vanille-Note. Mir gefällt der Wein ausgesprochen gut. Es gibt an sich nur wenig zu beanstanden. Wer gezügelte Barrique-Weißweine mag, ist mit diesem 2010er Pinot Times „Pinot Blanc“ sehr gut aufgehoben! Dank viel Gefühl für das Holz, einer reifen Säure und leckerer (nicht kitschiger) Frucht gibt’s von mir runde 90 Punkte.
Zur Not: Rot!
Der zweit Wein ist der 2010 Pinot Times „Pinot Noir“. Auch er stammt wie der Pinot Blanc aus St. Martiner Lagen mit Kalksteinboden und Lösslehmlagen aus Hochstadt. Ein kurzer Blick auf die Analysedaten: 5,4 g/l Gesamtsäure, 0,6 g/l Restsüße und 13,5 % Vol. Alkohol. Ganze 15 Monate lag dieser im neuen Barrique. Auch hier verträgt sich Holz und Wein ganz ausgezeichnet. Der Geruch ist leicht Holzwürzig mit reifen Himbeeren und einem Gemisch aus Brombeere und Kirsche. Die dunkle Frucht bekommt noch einen Schicht Waldboden und Vanille verpasst und komplettiert die interessante Anmutung in der Nase. Das hier kein leichtes Himbeerwässerchen im Glas ist, wird eindrucksvoll dargestellt. Auch eine „burgundische Ader“ ist zu erkennen. Am Gaumen legt sich der 2010 Pinot Times „Pinot Noir“ wohlwollend um alle Geschmacksknospen. Der aufgebaute Druck wird noch von dem etwas jugendlichen Holzausbau gepusht, doch nach 1 bis 3 Jahren Integrationszeit im Keller sollte sich das aber deutlich legen. Genau diese Entwicklung konnte ich im Juli auf der Weinmesse Veritable12 an Jahrgängen 2007, 2008 und 2009 dieses Weines gut nachvollziehen. Im sehr langen Abgang kommt dann der Kalkboden mit seiner mineralisch/kargen Eigenschaft richtig zur Geltung. Philipp und Dominik haben hier sicher kein Pinot Leichtgewicht auf die Beine gestellt, aber für den verlangten Preis von 18€ pro Flasche bekommt man einen sehr guten und spannenden Pinot Noir zu kaufen. Ich sehe den Wein ähnlich wie den sehr guten Pinot Blanc bei 90+ Punkten. Man darf hier also durchaus von einer echten „Entdeckung“ sprechen…