(NM) Klimawandel. Ein böses Wort. April-Wetter im Juni, Schnee im Mai und 20 Grad im November. Einige dieser Veränderungen kommen der Vegetation des Weins bzw. seiner Reben in unseren Landen zu Gute, andere richten massiven Schaden an. Ich erinnere mich da ungern an die -2° Nacht im Mai 2011, wo viele Winzer in fast allen deutschen Anbaugebieten mit Frostschäden zu kämpfen hatten. Natürlich spielt auch die kontinuierliche Erd/Klima Erwärmung eine wichtige Rolle. Viele werden sich noch an den Backofen-Sommer in 2003 erinnern. In den ersten zwei August Wochen schossen die Temperaturen bis über 40°, alleine in Deutschland starben etwa 3500 Menschen auf Grund der Hitzewelle. Dass solche Extreme auch natürlich nicht dem Wein dienlich sein können, zeigten viele Weine aus diesem Jahr. Wer nicht rechtzeitig die Trauben einholte, hatte mit weit über 15% Alkohol und kaum Säure zu kämpfen. Mein eigentlicher Plan, den 2003er Ruländer (Grauburgunder) *** vom Weingut Schneider aus Baden hier und jetzt vorzustellen, scheiterte aber kläglich. Der Wein war faktisch untrinkbar und ist regelrecht in sich zusammen gebrochen. Die 15% Alkohol wirkten sprittig und erinnerten mehr an einen fusseligen Likör wie an Wein. Das wollte ich mir und Euch nicht antun.
Die Suche nach einem Klimawandel Wein ging also weiter. Im Keller hinten links – in der „Pfälzer Ecke“ – wurde ich fündig! Neben Cabernet Sauvignon und Syrah aus besagtem Anbaugebiet, strahlten mich 2 Flaschen deutscher Viognier an. Zwischen Nordsee und Bodensee ist diese Rebsorten trotz ihrer bekannten Qualitätsmerkmale nicht wirklich häufig in den Weinbergen vertreten. Die Sorte ist im internationalen Vergleich relativ früh reifend. Ihre qualitative Hochburg hat sie ohne Zweifel an der nördlichen Rhone im Gebiet Condrieu. Hier wird zu 100% Viognier angebaut. Nach Südafrika, Australien, Kalifornien und weiterer Verbreitung in Frankreich ist sie nun auch auf ca. 4 Hektar in Deutschland angekommen. Ich kenne neben den beiden verkosteten Viognier von Jürgen Krebs und Philipp Kuhn nur noch Versionen vom Weingut Gies-Düppel, Fritz Waßmer, Brenneis-Koch und der Winzergenossenschaft Zell-Weierbach. Das war’s. Schluss-Ende-Aus. Somit bin ich recht stolz euch heute (sehr wahrscheinlich) 1/3 der in Deutschland angebauten reinsortigen Viognier vorzustellen!
2011 Krebs Freinsheimer Viognier
2005/2006 stand die Familie Krebs vor der Entscheidung, ein Teil der Lage Freinsheimer Musikantenbuckel neu zu bepflanzen. Nach mehreren schlaflosen Nächten wurde neben Merlot und Sauvignon Blanc sich auch für den Viognier entschieden. 1000 Stöcke wurde mit speziellen Genehmigung für den Versuchsanbau gepflanzt. Der 2011 Krebs Freinsheimer Viognier wurde goldgelb mit 95° Oechsle geerntet. Nach nächtlicher Maischestandzeit konnte am nächsten Tag gekeltert werden. Ein Teil des Mostes in neuen Barriques vergoren, ausgebaut und bis Mitte Mai auf der Feinhefe liegen gelassen. Das Ergebnis hat in der Nase etwas von frischer Bergwiese inklusive Kamille, Maiglöckchen, Veilchen und co. Dazu gesellen sich etwas Limette, Melone und Feige. Kein röstiges Holz oder Vanille stört hier die Reintönigkeit. Viognier wie Viognier riechen sollte. Kompromisslos klar. Fertig aus. Am Gaumen erinnert der Wein neben seiner cremigen Textur von seinem Gripp ein wenig an eine frisch aufgeschnittene Salatgurke. Zumindest dieses leicht angenehm bittere und feinkörnige Mundgefühl lässt sich mit dem Biss in eine frische Salatgurke recht gut umschreiben. Geschmacklich hat er aber reichlich wenig mit dieser Gurkenart zu tun. Hier spiegeln sich die Aromatiken der Nase wieder. Ein spannender und interessanter Wein, wie er leider viel zu selten in Deutschland neben Riesling und Co. zu finden ist. Chapeau Jürgen. Ein sehr schöner Viognier! 89 Punkte. „Noch“ für 9,80€ ab Weingut zu haben. Beeilung – da Minimenge!
2009 Philipp Kuhn Viognier
Phillip Kuhn ist in Deutschland der so etwas wie der Pionier des Viognier. Er vinifiziert 2004 den ersten Deutschen Viognier überhaupt. Ab dem Jahr 2007 wurde ich auf diesen Wein Dank dem Weinhandel Behringer und Sohn aus Mannheim aufmerksam. Auch Jürgen Krebs lernte die Rebsorte in seiner Zeit auf dem Weingut Philipp Kuhn kennen. Beide tranken sich durch die Spitzen aus Frankreich und verfielen schnell der Faszination der Rebsorte. Der 2009 Philipp Kuhn Viognier profitiert in seiner Aromatik natürlich von den 2 Jährchen Flaschenreife. Wo der Viognier von Jürgen Krebs eher auf der Käuterwiese-Seite ist, besticht Philipp Kuhn Variante mit frischen, eher grünen Früchten. Herbe, frisch aufgeschnittene Sternfrucht, Limette und Birne wurde notiert. Auch hier wird nichts von Holz und co. gestört. Sehr lobenswert. Am Gaumen ist Philipps Viognier noch etwas reifer und üppiger wie Jürgens Variante. Auch hier kommt der cremige Schmelz auf Grund der geringen Säurewerte schön zur Geltung. Einzig und alleine der etwas hohe Alkohol (14%) stört wenn er Wein etwas wärmer wird. Auch hier bin ich bei 89 Punkten. Die 2011 Version ist noch für 15,30€ bei http://behringerundsohn.de/ zu erwerben!
-> Weine von Philipp Kuhn bei Drunkenmonday
-> Weine von Jürgen Krebs bei Drunkenmonday
-> Highlight: 1990 Delas Condrieu Viognier auf Drunkenmonday
-> Dicker Viognier aus Kalifornien: 2007 Melville Estate “Verna’s” Viognier
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…ich habe vor kurzem einen 2010er Viognier Trocken aus der Pfalz vom Ungsteiner Osterberg / Bad Dürkheim getrunken. Dies erweitert die oben genannte Auswahl
Von welchem Winzer war der?
Hab das hier leider erst jetzt gelesen- auf jeden Fall keltert der „Winzer des Jahres -laut-Gault-Millau-Weinführer-2013“ nämlich joachim Heger mindestens seit dem 2009er ebenfalls einen viognier- für die zukunft vielleicht beachten. Dennoch bin ich skeptisch was diese sorte hier angeht…
Schneider aus Ellerstadt hat ebenfalls seit mindestens 2010 (?) Viognier im Angebot, natürlich auch Versuchsanbau.
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