(NM) Flüssiger Brotaufstrich. So oder so ähnlich hätte auch die Überschrift zu diesem extremen Weißwein lauten können. Wobei das keine schlechte Eigenschaft sein muss. Es gibt großartige und sehr gut gemachte Brotaufstriche. Fast jeden Morgen schmieren wir uns diese auf den Toast oder das Brötchen. Wir essen zwar kein ganzes Glas auf einmal, aber ein oder zwei Mal am Morgen darf das mächtige Zeug auf unserem Belagträger landen. So ähnlich sehe ich das mit diesem Wein. Es hat mich 5 Tage gekostet diese Flasche Wein auszutrinken. Doch macht es den Wein dadurch schlechter?
Ich sage: Nein! Jedes Glas dieses 2007 Melville Estate „Verna’s“ Viognier hat mich aufs Neue überrascht und in seinen Bann gezogen. Zwar hatte ich nach gut einem Glas auch nicht großartig Lust auf ein zweites, aber dieses eine war wunderbar reichhaltig und faszinierend. Jeden der fünf Abende. Schon alleine in der Nase war multidimensionale Aromenkunde angesagt: getrocknete Aprikosen, frische Feigen, Orangenschale, Zitronenminze, weißer Pfeffer, Sternfrucht und etwas Thymian und Salbei notierte ich. Im Laufe der Woche wurde das ganze noch tropischer in der Frucht. Am Gaumen dann cremig, ölig, dicht und fast milchig in der Konsistenz. Es schmeckte nach Orangen-Blüten, trockener Honig, grüner Tee und etwas tropischer Frucht (Ananas und Kokos). Im Abgang zeigte die leichte Reife des Weins einen nussigen und etwas rauchigen Charakter. Das alles erinnerte mich ein wenig an die Orange-Weine von Giorgio Clai. Die 15.5% Alkohol (!) waren sehr gut integriert und unterstrichen den öligen Auftritt dieses Extrem-Viogniers. Ein Weißwein zum Rind oder Thunfisch-Steak. Robert Parker (persönlich) sagte einst über diesen mächtigen Gaumenfüller im Jahre 2008 „…may be the finest example of this varietal I have tasted in California“ und vergab wuchtige 94 Punkte. Bei etwas mehr Säure und weniger Alkohol in dem Wein hätte ich wahrscheinlich ebenfalls in diesen Sphären gepunktet, aber so bleibt unter dem Strich eine gute 90 stehen. Doch Vorsicht: Das Ding ist nichts für laue Sommerabende auf der Terrasse und mit Sicherheit das Gegenteil eines leichten und erfrischenden Rieslings!
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Ein Viognier auf der Zunge kann leicht an Klavier auf dem Fuß erinnern – aber wer das schon einmal erlebt? Zu dem beschriebenen Melville kann ich leider nichts sagen. Aber eine Empfehlung für den, selbstverständlich aus meiner subjektiven Einschätzung, gewaltigsten Viognier den es (möglicherweise!) gibt, beitragen.
Michele Satta, ein Weingut der Toscana, Weinberge und Firmensitz in Castagneto Carducci, eine kleine Stadt unmittelbar neben Bolgheri gelegen, nur nicht ganz so berühmt. „Giovan Re“ Der verkostete Jahrgang 2008. Die 14% Alkohol, in einem Kraftpaket von ölig-cremigem Früchteallerlei mit Pfirsich, Aprikose, etwas Quitte über leichte Käuternoten, etwas Pfefferminz, und ich weiß nicht was noch und einem angenehmen Säurespiel gut eingebettet, wirkten eher harmonisch. Ein 100% iger Viognier, der aber auch in der Toscana fast 30,-€ kostet. Aber wir sind uns einig: das war`s wert! Gewiß kein Wein, den man gegen den Durst trinkt. Schon, weil er eher ob seiner Konsistenz eher zum Löffeln ist. Aber ein Erlebnis, das man nicht vergißt.
Interessanter Artikel!Man sollte den Wein wirklich mal probiert haben, das ganze in Worte zu fassen fällt nicht leicht. Er stellt auf jeden Fall eine ganz eigene Klasse für sich dar – die man aber auch mögen muss und sicher nur einem begrenzten „Publikum“ zusagt.
Tomy, meinst du den von Hardy beschriebenen Viognier aus der Toskana oder der im Artikel aus Kalifornien?
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