Guter Bordeaux aus schlechtem Hause: Chateau Malmaison 2006

Chateau Malmaison Bordeaux 2006

(CLD) Warum jemand sein Schlösschen übersetzt „schlechtes Haus“ nennt, sei dahingestellt. Am Wein wird´s definitiv nicht liegen, soviel sei vorweggenommen.

Es ist Samstag abend auf der Couch: Mangels reifem Bordeaux in Griffweite nehme ich den eigentlich viel zu jungen Chateau Malmaison 2006 zur Hand und unterziehe den Wein aus Moulis-en-Médoc einer Reifeprüfung. Chateau Malmaison wurde 1973 von dem umtriebigen Baron Edmond de Rothschild akquiriert und seine 24 Hektar völlig auf Vordermann gebracht, zumeist durch Neupflanzungen. Seit einigen Jahren gilt es als Geheimtipp für preisbewusste Bordeaux-Liebhaber, nicht das einzige Chateau in Moulis mit diesem Ruf.

Die Flasche wird kurzerhand geköpft und nach kurzer Sauerstoff-Frischzellenkur direkt ins Glas geleitet. Erste Überraschung: ungeheuer dunkel mit violetten Reflexen, brombeerfarben trifft´s ganz gut. Der erster Proberiecher lässt schonmal  Bordeaux-Typizität erahnen: Die 80-20 Mische aus Merlot und Cabernet Sauvignon verströmt eine Armada von Brombeeren in Lakritz-Uniformen. Dazu Zeder und Cassis, ganz leicht Leder und nur wenig Kirsche. Das sieht ganz nach einer Minderheiten-Regierung des Cabernets aus. Am Gaumen kommt er dann füllig, aber nicht fett. Die Beerenfrucht ist wieder auf dem Vormarsch, aber wirklich nicht kitschig – die phenolischen Noten bewahren ihm den nötigen Ernst. Seidiges Mundgefühl, ganz leicht alkoholisch bei 13,5 % und leichte Eisenanklänge. Jetzt schwingt die Tanninpeitsche, holt kräftig aus, um mich in ihren festen Griff zu nehmen. Das Gewissen meldet sich zu Wort – 5 Jahre sind zu jung, ich hab´s doch gleich gesagt. Aber halt – der Adstring-Anflug geht vorbei, der zweite Schluck viel samtiger, die Poren sind es nun gewohnt. Was bleibt, ist der schöne Nachhall, so klar wie frisch gepflückte Beerenlakritze. Sehr schöner, nicht ganz klassischer Bordeaux – satte 90 Punkte. Für unter 20 Euro Kaufpreis kein schlechter Wert, gerade aus dem Bordelais.

Epilog:
Es gibt noch eine zweite Flasche im Keller, aber die wird noch ein paar Jahre Gnadenfrist bekommen, bevor sie sich beweisen muss. Mal sehen…

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2 Antworten auf „Guter Bordeaux aus schlechtem Hause: Chateau Malmaison 2006

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