(NM) Dass das organisierte Verbrechen auch schon die Weinszene erreicht hat, ist ja weitläufig bekannt. Gerade große Weine aus großen Jahrgängen und seltene, ältere Flaschen aus dem 19ten Jahrhundert werden immer häufiger im großen Stile mit viel Mühe und Aufwand gefälscht. Nicht gerade selten tauchen dann diese Weine bei EBay oder anderen Online-Auktionshäusern auf und werde so unter das ahnungslose Volk gemischt. Auf der anderen Seite geben sich Weingüter immer mehr Mühe, ihre Flaschen fälschungssicher mit den verschiedensten Sicherheitsmethoden auf den Markt zu bringen. Ein schönes Beispiel hierfür ist das Weingut Piccolomini d’Aragona. Sie statten all ihre Brunelli mit einem „Identity Code“ auf jedem Label aus, welcher dann Online über die Webseite www.certilogo.com auf ihre Echtheit überprüft werden kann.
Alle diese „neumodischen“ Sicherheitsmaßnahmen wurden 1934 von dem Schloss Johannisberg natürlich nicht eingesetzt, um ihre Weine dauerhaft Fälschungssicher zu machen. Der von Drunkenmonday aus einem sehr renommierten (und mittlerweile aufgelöstem) Keller erworbene 1934er Schloss Johannisberg Riesling „Cabinet-Wein“ weißt doch einige merkwürdige Eigenschaften auf: Der Wein ist in einer Literflasche abgefüllt. Die in der damaligen Zeit gängige Flaschengröße war 700 Milliliter. Gerade wenn es sich um „Cabinet“ Weine handelte, welche heute etwa mit Auslesen vergleichbar sind, wurde im Rheingau auf die 700 ml Schlegelflasche zurückgegriffen. Die Flaschenmarke der Literflasche, zu finden in der Mitte des Flaschenboden, zeigt die Buchstaben HN, eine heute nicht mehr genutzte Marke der großen Glas/Flaschenhersteller. Dazu gesellen sich die Zahlen „18“ und „73“. Letztere gibt Auskunft über das Herstellungsjahres, doch leider nicht aus welchem Jahrhundert. Ein zweites sehr merkwürdiges Indiz ist die nicht vorhandene Kapsel. Schloss Johannisberg nutzt verschiedene Kapselfarben um die Qualitätsstufe des Weines darzustellen. Diese fehlt hier gänzlich.
Kommen wir doch nun zum größten Indikator für die Echtheit eines Weins: dem Geruch und Geschmack! In der Nase findet sich neben doch recht deutlichen Waldmeisternoten und dem Aroma von unreifen grünen Äpfeln ein leichter pilziger Muffton wieder, welcher im Vergleich zu einen 1932er Steinberger Riesling den vor einem Jahr verköstigten, schon eher in die 1930er Jahre passt. Insgesamt ist der Wein über die „Petrol-Phase“ hinaus, sodass der typische „reife“ Riesling Ton nach Petrol, Diesel oder Wachs hier nicht zu finden ist. Am Gaumen zeigt sich eine ganz feine Süße, welche durch den wiederkehrenden Waldmeister und Pilzton getragen wird. Die Farbe ist für ein 76 Jahren Wein erstaunlich hell und findet sich in der Farbskala in einem reifen Gelb-Gold wieder. Alles in allem ist der Wein durchaus noch mit Genuss trinkbar und hielt sich auch wunderbar über mehrere Tage offen im Kühlschrank ohne großartig zu verlieren.
So richtig traue ich dem Wein aber nicht. Der Geschmack und Geruch würde mit dem Etikett übereinstimmen, die Farbe und die Flaschengröße machen mich stutzig. Unser guter Freund @ritsch nutzt seine Kontakte zu Schloss Johannisberg um dort einmal nachzufragen. Ein Update folgt also in Kürze!
Spannende Geschichte! Kontakte sind dazu da gepflegt zu werden. Bin gespannt, was dabei rauskommt.
Das ist mit Sicherheit eine Fälschung, der Wein müßte in einer 0,7 L Braunglasflasche abgefüllt sein. Nie Flaschen ohne Originalkapsel kaufen! Die abgebildete Flasche ist eine ordinäre 1 L Flasche, wohl aus den 1970ern. Hoffentlich nicht zu viel bezahlt dafür…
Danke für den Kommentar. Bezahlt haben wir genau 2,44€ . Sie war Teil es Rheingauer Weinkellers, welchen wir komplett gekauft haben.