(OW/CLD) Allein auf weiter Flur ist Thomas Seeger als einziger Topwinzer im Bereich der badischen Bergstraße an den Ausläufern des Odenwaldes – seit den 70er ist die Region dem Weinbaugebiet Baden zugehörig. Typisch badisch kann man seine Kollektion auch nennen, in der Hauptsache macht Seeger auf sich aufmerksam mit den Burgundersorten, aber zunehmend auch mit seinen Rieslingen. Der Mann mit dem Indianer-Jones-Schlapphut gilt als einer der versiertesten Winzer in Deutschland beim Barrique-Einsatz. DrunkenMonday befasst sich mit den 08er-Rotweinen des Weingut Seeger, nachdem auf der ProWein ein erster Kontakt zu Thomas und (Su-)Sanne Seeger entstand und die dort verkosteten Weine großen Anklang bei uns fanden. Nun aber Fakten, statt Geschwafel:
2008 Seeger Blauer Spätburgunder QbA
Erdbeere mit etwas schwarzer Johannisbeere und einer Spur Brombeere. Blaue Blütenaromen nach Veilchen. Die Tannine noch etwas grün, bleibt aber trotzdem angenehm auf der Zunge. Etwas minzige Frische. Schön fürs Geld.
2008 Seeger Blauer Spätburgunder „S“
Gewürzschrank und viel rote Beerenfrucht. Muschelschale und etwas Pflaume. Pfeffer, Piment, Nelke, schokoladiges Holz und ein angenehmer Vanilleton. Noch sehr jugendlich aber mit gutem Potential.
2008 Seeger Spätburgunder „R“
Voll, rund, Marzipan. Dezente schwarze Frucht aber trotzdem schon präsent in der Nase. Anfangs cremiges Mundgefühl, dann dominieren die jungen Tannine und der Wein wird etwas fest und minzig. Im größeren Glas und mit mehr Luft wird die Frucht parfümig mit Noten von Salbei, Vanille und schon sehr schön eingebundenem Holz. Toller Wein, in ein paar Jahren wahrscheinlich ein Großer.
2008 Seeger Spätburgunder „RR“
In ersten Eindruck zurückhaltender in der Nase als der „R“. Die Eindrücke sind süßer, etwas fleischiger, Glycerin, dabei feiner und zarter als der „R“ und trotzdem mit mehr Substanz. Im Mund feine Mocca-Schokolade und schon sehr beieinander. Eine kraftvolle und elegante Frucht/Kräuterkombination. Sehr sorgfältiger Holzeinsatz. Einer von diesen Weinen vor dem man analytisch leider kapitulieren muß. Man wird ihm einfach nicht gerecht mit den paar Worten, die einem so einfallen. Wir waren begeistert!
2008 Seeger Spätburgunder „RRR“
Es gibt ihn, und er ist verdammt teuer und mindestens ebenso gut. Nur in den besten Jahren bereitet Thomas Seeger diese Cuvée de Prestige, die aus einer Selektion der herausragenden Parzellen des Herrenbergs besteht. Aus Kostengründen fand der Wein nicht den Weg in das DrunkenMonday-Lineup. Zuvor zu Kaninchenterrine jedoch schon einmal verkostet: Ungeheuere Festigkeit, dabei feingliederig. Leicht rauchig, Röstaromen, toller Schmelz, kühle Kräuter, absolut virtuoses Holz, jetzt wie in 20 Jahren ein Genuss – ohne Worte!
2008 Seeger Cuvée „AnnA“
Pfeffer, rote Frucht, Zimt und Piment. Schöne Süße. Gefällt trotz dem „RR“ davor. Etwas rauchig. Im Mund harmonischer als die Nase ahnen lässt.
2008 Seeger Schwarzriesling „S“
In der Nase relativ leicht. Gewürze, diese komische Mischung aus Pfeffer, Nelke, Zimt, Lorbeer und ein paar vertrocknete und vergessene Kräuter. Lavendel und Veilchen. Zartbitterschokolade, etwas Vanille, etwas Fleischextrakt und eine präsente Säure.
2008 Seeger Lemberger „S“
Deutlicher Holzeinfluss in der Nase. Röstaromen nach Rindfleisch mit Eukalyptus. Zerdrückte schwarze Johannisbeere und eine angenehme grüne Kräuteraromatik. Etwas Diesel und Kirsche mit Joghurt. Schöner, kühler Stil.
2008 Seeger „NaaN“
Kirschige, volle Frucht. Eingemachte Gewürzkirsche mit Zimt und Nelke. Im Mund voll und konzentriert. Etwas eindimensional in diesem Stadium, aber gut.
Eindrucksvolle Weine, die uns die Seegers da vorstellen. Negativ vielleicht einzig die Tatsache, dass es schwer ist, an die Weine heranzukommen – es gibt zu wenig davon! Nur gut 8 Hektar Fläche vom Herrenberg und niedrige Erträge lassen grüßen. Wer in der Nähe von Leimen unterwegs ist, sollte deshalb die Gelegenheit nutzen und in der schönen Vinothek der Seegers vorbeischauen, Sicht auf den Barriquekeller beim Degustieren inklusive. Voraussichtlich im Mai wird der leergeräumt und der mit einer Menge Vorschusslorbeeren bedachte Folgejahrgang vorgestellt.
-> DM-Tipp für Schnäppchenjäger: Die Preise ab Weingut liegen mitunter stark unter dem Fachhandelspreis.
-> DM-Tipp für Obergenießer: Wer einmal die Gelegenheit hat den Spätburgunder „RR“ aus 2005 zu probieren, sollte sie nutzen. Das Ding ist quasi ein maskierter „RRR“ zum halben Preis: Trotz bester Qualität entschied sich Seeger in dem Jahr gegen die Bereitung eines „Triple-R“ (da bereits 2003 einer gemacht worden war?).
Fazit: Seeger ist definitiv BoBB – Best of Badische Bergstraße, aber auch in Gesamtweindeutschland ganz vorn dabei. Die Aufnahme 2010 im VDP bestätigt unseren Eindruck.
Die Qualität der „R++“ Spätburgunder war wirklich fantastisch! Toller Beitrag Carsten!
@Olaf & Carsten: was lange dauert wird endlich gut;)
Gut geschrieben, da krieg ich direkt Lust, heute noch einen schönen Pinot aufzumachen:)
Der Beitrag klingt ganz so, als ob er in die Top Ten von Drunkenmonday einzieht.
Dann komm mal heute Abend zu Marc in die Weinrebe, Paul. Da gbits ne Menge Pinot heute bei der Probe 😉
hab gehört, dass da einige Piraten aufgetischt werden sollen ….
Jipp, Spätburgunder unter 10€ das Thema. Bin mal gespannt!
Is ja geil.
Den Seeger Weißburgunder hatten wir vorletztes Wochenende bei einem privat organisierten, fantastischen Abendessen mit sterneverdächtiger Küche. Kein Roter also, aber trotzdem sehr lecker! Und das nächste Mal werden wir den Weißb…urgunder auch ein wenig länger dekantieren… 😀
(Mal schauen, ob ich Antworten von Personen provozieren kann, die beim Essen anwesend waren. Haha.)